Was macht eine große Nation so endlos und über die Maßen glücklich?
In der klassischen Lehre der Volkswirtschaft war der Wohlstand der Nationen hauptsächlich geprägt durch umsichtiges, politisches Handeln, so per Legislative die Bedingungen, die eine Volkswirtschaft braucht, um wettbewerbsfähig zu sein, über Grenzen hinweg Handel treiben zu können, eine hohe Beschäftigungsquote nachhaltig zu sichern, wachsende Einkommen und wirtschaftliches Wachstum zu synchronisieren und moderate, am besten eine fast synchrone Summe von Wachstumsraten und Zinsen mit einer entsprechenden Inflationsrate zu ermöglichen.
Wie dem auch im Detail sei, es war immer ausgemacht in der Vergangenheit, dass Geldpolitik im Kern national ist. Zumindest war außerhalb der wissenschaftlichen Eliten in der Ökonomik klar, welche Tragweite eine Leitwährung hat.
Der US-Dollar als die weltweite Leitwährung hat weltweit hinreichende, konstitutive Kraft. Er bestimmt nicht nur maßgeblich, was auf den weltweiten Märkten, den Finanzmärkten, aber auch den Handelsmärkten geschieht. Und damit territorial wie exterritorial auch über gründsätzliche, materielle Lebensbedingungen der Menschen weltweit. Als diese konkrete, unsichtbare Hand, bestimmt der Dollar auch alle jene Möglichkeiten einer Veränderung, die aus der Überzeugung erwachsen, dass Veränderung nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist.
Im derzeitigen Zustand der Polis weltweit, sind grundlegende Veränderungen in die Richtung einer „besseren“ Welt fundamental verbunden mit der Frage nach der Zukunft des Dollars als Leitwährung.
Leitwährung meint zunächst einmal, dass dem Dollar bei allen Geldgeschäften eine weltweite Dominanz zukommt, der sich weder der EURO noch der chinesische Renminbi oder gar der japanische Yen entziehen oder gar etwas fundamental Wirksames entgegensetzen kann. Der Dollar ist an 88% aller Devisentransaktionen beteiligt. Für den Euro gilt dies nur zu 31%, und der chinesische Renminbi liegt mit 4% lediglich auf dem achten Platz der am häufigsten gehandelten Währungen weltweit.
Auch bestehen 63% aller beim Internationalen Währungsfonds gemeldeten Devisenreserven aus Dollarreserven, nur 20% belaufen sich auf den Euro1.
Das globale Finanzsystem dreht sich vor allem um eine einzige Währung, den Greenback. Im Zuge der Finanzkrise 2007/2008 war es kaum verwunderlich, dass ausgerechnet die VRC den Dollar als Leitwährung in Frage stellte. Durch Chinas Politik der eigenen geldpolitischen Absicherung durch Dollar-Anleihenkäufe wurde Chinas Zentralbank zur wichtigsten Größe bei der Dollarabsicherung, verlor aber gleichzeitig durch die zeitliche Schwäche des Dollars erheblich an Wert ihrer Reserven.
Der chinesische Zentralbankchef Zhou Xiaochuan erklärte es als zu gefährlich, sich nur auf eine Währung eines einzigen Landes auf der Welt geldpolitisch zu verlassen. Er schlug als Alternative die Wiederbelebung eines 1969 geschaffenen Instruments des Internationalen Währungsfonds (IWF) als ein im Prinzip überhoheitliche Leitwährung vor.
Seiner Auffassung nach hätte die 1969 geschaffenen Sonderziehungsrechte (SZR) des Internationalen Währungsfonds (IWF) das Potenzial zur internationalen Reservewährung.
Das Sonderziehungsrecht ist eine künstliche Währungseinheit, welche der IWF einführte, um zusätzliche Liquidität für das internationale Finanzsystem zu schaffen. Das Instrument verlor 1971 mit dem Ende des Bretton-Woods-Systems. der festen Wechselkurse seine Bedeutung. Der Wechselkurs des Sonderziehungsrechts wird aber immer noch täglich durch einen Währungskorb wichtiger Weltwährungen bestimmt. Seit 2006 umfasst der Korb 0,632 US-Dollar, 0,410 Euro, 0,0903 britische Pfund und 18,4 japanische Yen. Als Massstab des Gewichts einer Währung dienen der Anteil der Länder am Weltexport und die Reserven der IWF-Mitglieder in der entsprechenden Währung.
Kein Wunder, dass China sich von der Wiederbelebung der Sonderziehungsrechte nicht zuletzt ein grösseres Gewicht im IWF verspricht, also primär eigenen Interessen folgt. Aber der Gedanke, das weltweite Finanzsystem zu erneuern und dabei auf eine Leitwährung zu verzichten, ist sicherlich reizvoll. Mehr noch, es wäre der einzig richtige Ansatzpunkt, der ein neues Nachdenken über Geld, Währung und Geldpolitik ermöglicht. Im Zusammenhang mit der neuen virtuellen Währung Bitcoins und der darunter liegenden Blockchain-Technologie kommen wir darauf zurück.
Einige Ökonomen waren der Meinung, die Finanzkrise könnte längerfristig den Dollar als weltweit wichtigste Leitwährung erschüttern. Einige Devisenexperten haben dem „Greenback“ bereits den Verlust seiner dominierenden Rolle im internationalen Währungsgefüge vorausgesagt. Die Gründe, die sie allen anführten, waren nicht nur der Verlust des Vertrauens in die USA als grösste Wirtschaftsnation und der entsprechende Wertverlust des Dollars, sondern auch das seit Jahren bestehende enorme US-Leistungsbilanzdefizit.
Wir haben aber gesehen, dass einmal diese Erschütterung der Leitwährung nur von kurzer Dauer war und dass auch die o.g. Gründe nicht ausreichen, um den inneren Kern einer Leitwährung zu verstehen. Dazu muss man bedenken, dass für jede US-Regierung der Dollar als Leitwährung und in dieser Dominanz im gesamten Finanz- und Geldsystem weltweit enorme Vorteile wie in einer unsichtbaren Hand mit sich bringt.
Diese Vorteile liegen auf der Hand: Die US-Regierung kann sich zu niedrigeren Zinssätzen verschulden, als andere Staaten bzw. Regierungen, da ihre Schuldpapiere weltweit von Notenbanken in nicht unerheblichen Volumina zu Reservezwecken gehalten werden müssen.
Weil der Emittent der Leitwährung allein kraft seiner Grösse als sicher empfunden wird, tätigen auch andere Investoren einen Grossteil ihrer Anlagen im Dollar freiwillig, wie wiederum andere Investoren, die sog. institutionellen Investoren wie etwa amerikanische Rentenfonds etc. einen Anteil ihrer Investments in Dollar halten müssen. Entsprechend liquide ist deshalb auch Amerikas Kapitalmarkt. Und diese hohe Liquidität hat wiederum deutliche Auswirkungen auf die US-Aktienmärkte bis hin zu den Risikofinanzierungen der New Economy, des Wagniskapitals für spekulative Investments in Start-up Unternehmen bzw. Entrepreneurs2.
Der hohe Anteil an Reserve- und Dollar-Absicherungsanlagen drückt die Renditen zusätzlich und erlaubt es den USA, zu deutlich günstigeren Kosten ein höheres Handelsbilanzdefizit finanzieren zu können als andere Staaten; wovon, wie wir sahen, die USA in ihrer Geschichte auch weidlich Gebrauch machte und macht. Damit subventioniert das Ausland indirekt die sog. Zwillingsdefizite, d.s. Handel und Haushalt der USA. Ein weiterer politisch nicht unwichtiger Aspekt ist auch, dass der Dollar als Leitwährung den fast ausschließlich schuldenfinanzierten Lebensstil der US-Bürger ermöglicht, worauf das Ausland nicht selten mit artikulierten Groll reagiert hat.3
[sidebar]
[title]Begriffe – Anmerkungen – Titel – Autoren[/title]
Leitwährung – Dollar-Devisenreserven – Sonderziehungsrechte – Bitcoins – Blockchain-Technologie – institutionelle Investoren
1 Laut Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich(BIZ)
2 Das Wort Entrepreneur kommt ursprünglich aus dem Französischen und setzt sich aus den Wörtern „entre“ und „prendre“ zusammen, was so viel bedeutet wie „unternehmen“.
Ein Entrepreneur im klassischen Sinn ist der Gründer und Inhaber eines Unternehmens. Im Englischen beschreibt das ursprünglich französische Wort Entrepreneur eine Persönlichkeit, die bereit dazu ist, hohe Verantwortung und hohes Risiko zu tragen. Es geht beim dem Wort Entrepreneur also nicht nur um die stumpfe Übersetzung zum Unternehmer, sondern auch um Charakter, eine gewisse Lebenseinstellung und die Fähigkeit immer wieder neue Innovationen hervorzubringen. In Anlehnung an Schumpeter bezieht sich Entrepreneurship aber vor allem auf die kreative Zerstörung bestehender Strukturen, um Innovationen hervorzubringen, welche in der Regel durch Neuanordnung bestehender Inhalte erfolgt. Entrepreneurship als Handlungsfeld eines Entrepreneurs gilt inzwischen als erlernbares Denkprinzip, das auch von „normalen“ Managern erlernt und umgesetzt werden kann.
3 Vgl. zum Begriff Leitwährung auch Neue Züricher Zeitung vom 4.11.2016
[/sidebar]