Zu einer modernen Politischen Ökonomie – Teil VI

Allein die Karte zum US-BIP im internationalen Vergleich zeigt, der Wohlstand einer Nation hat nicht direkt etwas zu tun mit dessen Wohlfahrt. Man kann sogar sagen, dass, wenn die Wohlfahrtssysteme wie in den USA sehr stark in einer liberalen Marktwirtschaft verankert sind, sie im internationalen Vergleich eher relativ schlecht abschneiden. Nun hat man schnell solche Argumente bei der Hand, die Renten und die Gesundheitsversorgung der USA seien auf einem hohen Niveau und besonders der Gesundheitssektor sei in den USA besonders gut im internationalen Vergleich. Aber selbst bei den Spitzenleistungen in der stationären Medizin können heute viele Staaten weltweit gut mithalten; oder sind Australien, Neuseeland, die Niederlande usw. auf diesem Feld nicht wettbewerbsfähig? Oder auf dem Feld des sozialen Wohnungsbaus; welches Land kann hier mit Österreich, speziell, welche Großstadt kann da mit Wien mithalten? Sicherlich nicht die USA und New York City, Philadelphia oder Detroit. Um das an dieser Stelle anzumerken; wir treiben hier keine Kritik an den USA, sondern vergleichen; darum geht es. Und um die Frage: wenn hoher Wohlstand nicht zu einer ausreichenden Wohlfahrt führt, woran kann das ökonomisch betrachtet liegen?
Wir haben gesehen, dass Wohlfahrtssysteme nicht allein durch Wohlstandsverteilung zustande kommen. Das wäre zu einfach zu sagen, eine Gesellschaft, so reich sie auch sei, ist dann eine gerechte Gesellschaft, wenn sie vom Wohlstand nur genügend an die Bedürftigen verteilt. Mit Verteilungsideologien kommt man der Sache nicht näher. Zur Sache führen jene Kriterien, die für den Aufbau und die Sicherung von Wohlstand und Wohlfahrt gemeinsam konstitutiv sind. Standen früher in der Ökonomik Kriterien wie volkswirtschaftliches Gesamtwachstum oder Staatsschulden fast monokausal für den Wert einer Währung, so tragen diese Relationen heute nicht mehr. Was also könnten heute Kriterien für den Wert einer Währung sein?

Der Wert einer Währung ist abhängig von einer Matrix an sich wechselseitig bedingenden Kriterien bzw. Faktoren. Währungen aber sind keine für sich stehenden Einzelphänomene, sondern nur in Relation zu anderen Währungen existent und ihr Wert bestimmt sich deshalb auch als Wechselkurs. Wenn wir über Währungen nachdenken, sollte somit auch mindestens zwei Währung dabei im Fokus stehen, hier sind das der US-Dollar und der Euro. Mitte 2019 haben beide Notenbanken begonnen, sich wechselseitig bei den Referenzzinsen zu unterbieten, was in der Regel auch zu einer Beeinflussung der Wechselkurse führt und sich empirisch mittlerweile als ein Phänomen und nicht als Einzelfall bestätigt hat. Das Phänomen der wechselseitigen Beeinflussbarkeit durch geldpolitische Maßnahmen hat dazu geführt, dass Politik zunehmend ihren Einfluss auf die Geldpolitik ausübt und so versucht, den Wechselkurs stark zu beeinflussen.
Obwohl also in den Euro wie in den Dollar strukturell gleiche Einflüsse aus der Geldpolitik einfließen, entwickeln sich beide Währungen zueinander nicht auf ein paritätisches Verhältnis, also im Wechselkurs aufeinander zu, sondern entgegengesetzt ist der Dollar relativ zum Euro stärker geworden. Vergleicht man die Schuldenquoten miteinander, so erhält man für die USA den Wert von ca. 100 Prozent vom PIP und für die Eurozone etwa 85 Prozent. Wäre die Schuldenquote ein wirksames Kriterium, müsste der Euro zum Dollar stärker stehen.
Schwierig bis gar unmöglich wird ein Vergleich bei der Arbeitslosenquote. Die lag im Juni 2018 in der Eurozone bei 8,3% und in den USA bei knapp unter 4 Prozent. Nun muss man wissen, dass die Ermittlung der Arbeitslosenzahlen und der Quote in den USA mit Mindestanforderungen an die Statistik wenig bis nichts zu tun hat. Dabei sind viele Faktoren der Manipulation am Werke. Einer ist, dass die Arbeitslosenquote zum Teil ermittelt wird aus einer Beteiligungsquote (labour force participation rate), was nichts anderes bedeutet, dass nicht die tatsächliche Nachfrage nach Arbeit, sondern die relative Nachfrage nach Arbeit gemessen wird. Wenn zum Beispiel die labour force participation rate von 62,9% auf nun 62,7% zurückgefallen ist, bedeutet dies numerisch, dass knapp über 600.000 Amerikaner weniger sich faktisch um Arbeit bemühen und erfasst nicht die Menschen, die den Gang zum Amt sich sparen, wohl, weil sie es ohnehin für aussichtslos halten, dort nach Arbeit nachzufragen. Eine läppische Differenz von 0,2 Prozentpunkten macht also schon eine ordentliche Menge an statistischer Willkür aus.
Dann hat man seit der Finanzkrise Millionen von arbeitsfähigen Amerikanern umgebucht von „offiziell arbeitslos“ in „not in the labor force“ und diese werden seitdem offiziell nicht als „arbeitslos“ gezählt. Zudem ist unter Reagan das sog. „Net birth/death Model“ eingeführt worden, eine komplett kuriose statistische Größe, die eine Art „adjustment“ darstellt, also eine durch das Modell bedingte Anpassung zwischen einer realen Zahl von Arbeitslosen und einer virtuellen Schätzung aus der Anzahl neu geschaffener Jobs, die aber wiederum keiner empirischen Erfassung zugänglich ist. Gerade kleine Start-ups und junge Neugründungen werden hier geschätzt, die bis heute zu einer Luftnummer von etwa 44 Prozent geführt hat, die eine Anzahl von angeblich neu geschaffenen Jobs ermittelt und die Arbeitslosigkeit um diesen Faktor reduziert.

„Mithin sind also die offiziellen Daten des Bureau of Labor Statistics mehr und mehr eine reine Luftnummer geworden, die im Grunde gar nicht mehr ernst zu nehmen ist. Das sieht man auch in den sogenannte „food stamps“, also der Ausgabe von Essensmarken an verarmte Amerikaner: kurz vor der Finanzkrise erhielten 26 Millionen Amerikaner diese Essensmarken, inzwischen sind es 44 Millionen Amerikaner. Und so spricht vieles dafür, dass es auf dem Arbeitsmarkt der USA nicht besser aussieht als zum Hochpunkt der Finanzkrise, im Gegenteil. Laut shadowstats dürfte die wirkliche Arbeitslosigkeit in den USA daher nicht bei 4,3%, sondern bei 22% liegen!“1
Wie dem auch sei; mag sein, dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit in den USA eher der in der Eurozone entspricht, vielleicht auch darüber liegt. Für uns zeigt der Blick auf die Arbeitslosenquote aber keine Signifikanz für die Schwankungen des Wechselkurses zwischen Dollar und Euro. Wenn aber Donald t. den Wechselkurs als ein Instrument sieht, das US-Handelsbilanzdefizit zu reduzieren, dann müssen wir uns damit beschäftigen, da der US-Präsident ja wohl nicht gerade einer eigenen Meinung oder theoretischen Auffassung folgt, sondern hoch wahrscheinlich gut beraten ist, so zu tun.
Ohne an dieser Stelle auf den bereits beginnenden Währungskrieg zwischen den USA, Europa und China eingehen zu wollen, müssen wir eigene Betrachtungen anstellen, ob denn überhaupt ein Handelskrieg, also die einseitige Erhebung von Zöllen einen Effekt in der Außenhandelsbilanz in der gewünschte Art und Größe auch hat? Und wenn dieser Effekt festgestellt werden kann, ist er dann auch führend hin zu den gewünschten Währungseffekten?
Nebenbei vermerkt, ist es dem US-Präsidenten sehr Ernst, verlässt er doch alle internationalen Regeln und Absprachen und riskiert eine wirtschaftspolitische Isolierung, wenn nicht mehr. Wir sind mit Augustin Carstens, dem Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, einer Meinung, dass nämlich ein Handelskrieg gewissermaßen nach hinten losgeht. Zölle werten die Währung ab. Leider nur nicht in dem Land, das mit Zöllen die eigene Handelsbilanz stärken will. Zölle, mithin Handelskriege sind deshalb schädlich, weil sich die gewünschten Effekte nicht einmal im Handel selbst einstellen. Die Leistungsbilanzen bleiben in ihrer Struktur gleich durch die Gegenmaßnahmen der Gegenseite. Zölle schädigen letztlich beide Leistungsbilanzen, kommen aber nicht zu dem Effekt nur deshalb, weil einer der Handelspartner den Part des offensiven Angreifers spielt.

Das hat der US-Präsident mittlerweile schon eingesehen und fokussiert daher direkter auf die Währung bzw. die Wechselkurse. Den Konsequenz, Währungskriege zu vermeiden, ja zu verhindern hat er gänzlich aufgekündigt und wie ein wild gewordener Pädagoge knüpft er sich nun nacheinander und teilweise sogar gleichzeitig ein Land nach dem anderen vor, das für ihn und seine Berater im Verdacht steht, unlautere Währungspraktiken zu betreiben. Neben Deutschland, China und Japan kamen unlängst auch noch Italien und Irland auf die Liste der Beobachtung; fast täglich werden es mehr. Wir erkennen, das das Oval Office glaubt, Währungen werden politisch manipuliert und lassen sich demnach auch politisch bekämpfen; was für ein naiver Gedanke. Dem steht auch sogleich eine kriteriale Einstufung eines Landes, besser einer Regierung zur Seite, die ein Land als Währungsmanipulator bestimmt. Es muss nach Auffassung der Wissenschaft einen signifikanten Handelsüberschuss gegenüber den USA aufweisen, zweitens einen beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuss erzielen, also einen positiven Saldo im Handel von Gütern und Dienstleistungen mit dem Ausland, und drittens muss es Beweise geben, dass es am Devisenmarkt interveniert. Bleiben wir bei diesen drei Kriterien, dann hat das Oval Office allen Grund, fast jedes Land mit einer positiven Leistungsbilanz zu bekriegen; mit den Beweisen nimmt man es ja nicht so Ernst, also soll es daran nicht scheitern.

Das Dumme ist nur, eine Politik über die Handelsbilanzen scheint am Problem nicht einmal zu rühren. Es mag sein, dass einige Staaten in der Verlockung einer Abwertung nicht widerstehen können, lässt sich doch bei schwacher Konjunktur darüber ein gewisser Wettbewerbsvorteil verschaffen. Das aber ist auch nicht die Lösung, die der Politischen Ökonomie vorschwebt. Es mag das laut erklärte Ziel des Oval Office sein, die hohen Außenhandelsdefizite der USA zu senken und dies ist angesichts der wirtschaftlichen und finanziellen Situation in den Staaten des „Rust Belts“ sowie der anderen Schuldenstaaten auch dringend erforderlich. Das amerikanische Modell aber übersieht ein ganz zentrales strukturelles Problem, das die Politische Ökonomie vor einen fast ausweglosen Sachverhalt stellt.
Die Frage nämlich ist, inwieweit sich der Wechselkurs von politischer Seite überhaupt beeinflussen lässt und welche Wechselwirkungen eine Beeinflussung in anderen Wirtschaftssegmenten auslöst? Wir halten fest, Dollar und Euro sind, was immer die Politische Ökonomie geldpolitisch beschließt, frei handelbar, das heißt, ihr Wechselkurs zueinander bildet sich am Markt; so viel der Lehrmeinung der Ökonomik. Aus der klassischen Logik von Angebot und Nachfrage ist im Laufe der Theoriebildung dann die Geldmengentheorie geworden, die in den Veränderungen der Geldmengen die Ursache für die Wechselkursschwankungen zu erkennen glaubte. Allein mit der Änderung einer Geldmenge, oder des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage ist die währungsbestimmende Matrix nicht erfasst.

Wenn die Fed die Leitzinsen senkt, hat dies Auswirkungen auf die Kapitalmärkte. Hier an den Börsen kann man durchaus dann einen Zuwachs an Geld messen, aber nur weil die Geldmenge M3 wächst, hat sich am Wechselkurs noch nichts bewegt. Geld fließt bedingt aus öffentlichen Anlagen ab bzw. Investitionen in Staats- und Unternehmensanleihen werden nicht mehr verlängert. Gleichzeit versammeln sich Geldanlagen in Aktiendepots. Inländische Geldanlagen werden verschoben und dies zieht ausländisches Kapital in amerikanische Aktien; es kommt also auch zu Verschiebungen innerhalb der ausländischen Anlageklassen.
Der Handelsdruck bzw. die Handelsintensität an Aktienbörsen ist viel größer, als im Anleihen- oder Rohstoff-Segment. Die Geldzu- und Abflüsse sind konzentrierter, der Handel mit Aktien, man kann auch sagen, die Veränderungen von Angebot und Nachfrage, ist schneller und volatiler. Dies bedacht, sprechen wir von der Umlaufgeschwindigkeit auf den Finanzmärkten. Und steigt diese Umlaufgeschwindigkeit, steigt auch der Wert der im Umlauf sich befindenden Währungen, mithin zueinander. Das beantwortet die Frage nach der Wertstellung von Währungen mithin von Wechselkursen und zeigt zugleich das Dilemma der Politischen Ökonomie. Denn verfolgt die US-Regierung in ihrer Geldpolitik eine Veränderung innerhalb der Realwirtschaft und dort zugunsten der Exportwirtschaft, dann pumpt sie über die Fed Geld in die Finanzmärkte und öffnet dort die Tore zu den Kapitalmärkten. Die werden mit Geld überschwemmt und der Handel bzw. die Umlaufgeschwindigkeit des Kapitals nimmt dramatisch zu.
Also nicht die unsäglichen Handelsbeschränkungen, die überhaupt keine effektiven Verschiebungswirkungen in der amerikanischen Handelsbilanz bislang gezeigt haben, sondern die stark gestiegenen Aktivitäten an den US-Börsen haben den Wechselkurs des US-Dollars zugunsten des Euros verschoben. Nun hat es die Politische Ökonomie der USA nur noch schwerer, die Leistungsbilanzdefizite effektiv zu senken, da eine Steigerung der US-Exporte bei einem so starken Dollar eher schwerer, als leichter gelingt. Wenn die USA Mitte 2019 ein ganz leichtes Plus im Export verzeichnen, verdankt sich dies dem schlichten Faktor, dass die US-Wirtschaft insgesamt gewachsen ist und keiner geldpolitischen Maßnahme; wenn schon, dann eher fiskalpolitischen bzw. steuerpolitischen Maßnahmen.

Wir erkennen also, dass die US Politik weder Europa dazu gezwungen hat, ihre Exporte zu drosseln und damit zum Abbau des US-Leistungsbilanzdefizits beizutragen; warum sollte Europa das auch? Ebenso erkennen wir, dass von realwirtschaftlichen Prozessen, wie dies in der klassischen Theorie angenommen wurde, keine Primärwirkungen auf die Wechselkurse ausgehen. Wir lesen und hören aktuell aber das gleiche Narrativ, notorisch selbst gegen jede empirische Erkenntnis vorgetragen, dass die USA an der eingeschlagenen Strategie festhalten wollen. Im Kern besteht dieses Narrativ der Politischen Ökonomie aus einem keynesianischen Gedanken, dem sich die US-Regierung nur zu gerne bedient, selbst wenn der sich schon seit geraumer Zeit als volkswirtschaftlich unwirksam erwiesen hat. Das Credo, sich durch neues Geld und damit neue Schulden eine Zeitlang politisch Luft zu verschaffen, indem man seine Binnenwirtschaft dadurch stärkt, zu erweiterter Nachfrage führt und dies als keynesianischen Grundsatz von konjunkturpolitischer Notwendig auszugeben, verschafft der Politik nicht nur Zeit, sondern erleichtert auch ihr Gewissen. Sind neue Schulden erst einmal begründet, kann man schuldlos weiter prozedieren, selbst wenn man sich auf Holzwegen durch den Dschungel bewegt.

Und noch ein unangenehmer Effekt ist mit dieser Art der geldpolitischen Manipulation der Währung verbunden. Wir haben gesehen, dass der Euro relativ zum Dollar an Wert verloren hat, also dass eine indirekte Abwertung des Euros passiert ist. Da Währungen stets relationale Größen sind und direkten Einfluss auf die relativen Preise haben, sehen wir die amerikanische Wirtschaft vor dem Problem, dass mit der Dollar-Aufwertung auch eine Verteuerung der relativen Preise verbunden ist. Wenn, wie wir meinen, der Wettbewerb nicht nur auf der Preisebene geführt wird, Preise aber durchaus wichtig sind im Wettbewerb, dann hat sich die Wettbewerbssituation allein schon dadurch für die USA mit verschlechtert. Nun kommt auch noch hinzu, dass das Konsumland USA, das seinen Konsum binnenwirtschaftlich deckt und zugleich in hohen Maßen kreditfinanziert, dann sind auch hier die negativen Auswirkungen sofort sichtbar. Der Konsum und die Konsumkredite werden teurer und somit auch der Schuldenstand bei den privaten Schulden größer.

Wir erkennen also schlussendlich, dass bei jedweder Betrachtung, den Wechselkurs des Dollars geldpolitisch zu beeinflussen eine Reihe unliebsamer Effekte auftreten, die die Frage durchaus erlaubt, warum die US-Regierung an dieser Politik geradezu krankhaft festhält? Fast täglich sehen wir eine neue Stufe der Eskalation zwischen Oval Office und Fed und einen Präsidenten, der in aller Öffentlichkeit die US-Notenbank für seine Zwecke einzuspannen versucht. Uns hat weniger die Gegenwehr von Fed-Chef Powell interessiert. Uns hat der Mechanismus von Zinssenkungen in Hinblick auf die Wechselkurse interessiert und die Theorien bzw. Annahmen, die in dieser Relation von Zins und Währung implizit sind.

Wir möchten noch auf einen Punkt in diesem Zusammenhang eingehen, der Möglichkeit der Intervention am Devisenmarkt. Im Jahr 1949 setzte der IWF erstmalig für die Mitgliedstaaten feste Wehselkursbandbreiten fest, die, wenn über- bzw. unterschritten wurde, eine Intervention durch die Notenbanken rechtfertigte. Innerhalb der vereinbarten Schwankungsbreite sollte dies tunlichst vermieden werden und die Mitgliedsstatten hielten sich weitestgehend daran. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts und nasch zahlreichen Interventionen der Zentralbanken, allen voran Deutschlands und Japans, musste die feste Wechselkursparität aufgegeben werden. Es blieb die Erkenntnis, dass die
heterogene wirtschaftliche Entwicklung der westlichen Industriestaaten ein Festhalten am bestehenden System fester Wechselkurse unmöglich machte. Immer häufiger mussten die Zentralbanken intervenieren und besonders exportstarke Nationen wie Deutschland waren ständig aufwertungsverdächtig wie gegenseitig betrachtete Länder mit einer negativen Handelsbilanz wie die USA potenziell abwertungsgefährdet waren. Aufwertungsverdächtige Länder erhöhten durch die ständigen Devisenkäufe ihre Währungsreserven, abwertungsgefährdete Staaten verloren dagegen ihre vorhandenen Devisenreserven.
Die Betrachtungsweise des gegenseitigen Vergleichs der Import- und Exportmengen mit entsprechenden Erlösen war also die Ursache für dann in der Folge notwendigen Devisenmarktinterventionen. Kam das Gleichgewicht von Mengen ins Ungleichgewicht, musste es durch Geldmengen wieder ausgeglichen werden.

Die Idee einer systematischen, wirtschaftlichen Parität innerhalb der westlichen Industriegesellschaften wurde auch dann nicht korrigiert, allenfalls relativiert, als im Jahr 1971 mit dem Smithsonian Agreement2, das in einer Zeit einer sehr großen Dollarabwertung zustande kam und die Rettung des Paritätensystems zum Ziel hatte, existiert auch heute noch. Aber außer den USA will keiner der Smithsonian Staaten an dieser Idee, wie sie einmal bestand, noch festhalten. Denn diese Idee war alles andere als paritätisch. Sie sicherte quer durch alle Wirtschaftskrisen die Vorherrschaft des amerikanischen Modells mit seiner konzernfördernden, anbieter-dominierten Struktur, in der andere Volkswirtschaften als Absatzmärkte für die Waren- und Güterproduktion der USA fungierten.
Die vielen Krisen in den Nachkriegsjahrzehnten, die die ständigen Wechselkursanpassungen erzwangen, waren fast ausschließlich durch die aufstrebenden Export-Industrien verursacht und also kann allein nur insoweit von einer Krise gesprochen werden, wenn man das schnelle Wachstum und den großen Erfolg der Exportnationen im internationalen Wettbewerb auf den internationalen Märkten im Vergleich zu den USA als nicht-paritätisch betrachtet. Selbst in der Zeit der „Floaters“ ab März 1973, der frei zueinander schwankenden Wechselkurse, hielt man an der Idee fest, Märkte könnten durch interventive Operationen in des Devisenmarktgeschehen stabilisiert werden und sprach nicht offen aus, worum es in Wirklichkeit ging, nämlich das amerikanische Modell mit seinen schuldenfinanzierten Importen aufrechtzuerhalten. Aber auch damals galt schon wie heute, die amerikanischen Schulden waren und sind keine Schulden beim IWF oder bei den Exportnationen, sondern verstecken sich im enormen Refinanzierungsbedarf der US-Haushalte über die Finanzmärkte.

Unter Gleichgewichtsparametern, ob dies in Mengen, Preisen oder Leistungsbilanzen rechnerisch ausgedrückt wird, sind heterogene Wirtschaftsentwicklungen nicht zu kompensieren. Ein paritätisches Gleichgewicht kann allein der Idee einer Wettbewerbsabsprache sich verdanken, die dann eine Anzahl von IWF-Staaten gegenüber anderen, nicht wettbewerbsfähigen Staaten bevorzugt. Das asymmetrische Wettbewerbsmodell steht dann unter dem Schutz von Vereinbarungen, aber nicht unter dem Ziel einer Angleichung wirtschaftlicher Bedingungen. Die wirtschaftsspezifischen Ungleichgewichte bleiben dann auch logischerweise auf den Märkten bestehen. Wenn nun die Zentralbanken bzw. Notenbanken aus welchem Grund auch immer, sei dieser aufwertungs- oder abwertungsbedingt, auf den Devisenmärkten intervenieren, also den Dollar als Leitwährung innerhalb einer vereinbarten Range halten, dann hat dies zuerst Auswirkungen für die Schwellenländer. Sie verlieren bei einer Aufwertung des US-Dollar die Vorteile auf den Rohstoffmärkten und ihre Volkswirtschaften fahren mit jeder Devisenintervention Achterbahn, was für eine Volkswirtschaft ruinös ist. Die Industriestaaten, die einen großen Rohstoffverbrauch haben, profitieren von den für sie relativ stabilen Rohstoffpreisen insofern sie ihre Volkswirtschaften über stabile Zeiträume für Planungen, Ressourcenoptimierung und durch die unterschiedlichen Marktphasen kontinuierlich anpassen und den Kapitalgebern relativ stabile Renditen bieten können. Nur so bleiben auch die Kapitalmenge und die Umlaufgeschwindigkeit des Kapitals, also der Handel an den Börsenplätzen in einer gewissen Range relativ stabil – zu den großen Einbrüchen auf den internationalen Börsen kommen wir ein wenig später.

Wenn also Zentralbanken mit viel Geld ihre Währungen am unteren Interventionspunkt kaufen, am oberen bereits, wenn dieser Punkt im Tageskurs erreicht ist, verkaufen müssen, dann lösen die Transaktionen deutliche Effekte auf den Geldmärkten aus. Die Geldmenge erhöht und verringert sich in einem auf den Geldmärkten unerwünschten Maße und wir sehen auch hier wieder, dass nicht allein die Menge des Geldes, selbst wenn sie schwankt, zu den unerwünschten Effekten führt, sondern die Geschwindigkeit, mit der die Geldmärkte sich verändern. Hier, wo der kurzfristige Geldhandel zwischen Zentralbank und Kreditinstituten stattfindet zum Zwecke des kurzfristigen oder partiellen Liquiditätsausgleichs der Banken verbargen sich die unliebsamen Effekte vor allem in den Kreditangeboten und den langfristigen Versicherungspolicen zur Altersversorgung, die besonders zum Schaden der Bürger sich am Ende ihrer Laufzeiten herausstellten. Bei den Kreditangeboten sind es die Zinsanpassungen, die manchen Häuslebauer das finanzielle Genick brachen, bei den Lebensversicherungen und ähnlichen Sparprodukten mit Gewinnbeteiligung, genauer gesagt, einer Ausschüttung an die Sparer, die sich als Option auf mögliche Überschüsse errechnete und die dann ersatzlos gestrichen wurde.
So zahlten und zahlen die Bürger die Rechnung aus den Devisenmaktinterventionen auch an dieser Stelle. Und aus kurzfristigen Geldmarkteffekten wurden in der Transmission auf die Sparkonten und Sicherungsprodukte recht langfristige Negativwirkungen, die viele Sparer erst spät, wenn überhaupt, verstanden haben und notwendige Anpassungen vornehmen konnten. Und ebenso gehen diese Vermögensunsicherheiten und -schwankungen in keine Berechnung ein, die nur allzu gerne die Sparvermögen als Gegengewicht und implizite Sicherheiten mit den Staatsschulden verrechnen.

Was früher einmal das Ziel aller guten Haushaltsführung war, nämlich Einnahmen und Ausgaben in einer transparenten, nachvollziehbaren Rechnung zu erfassen, ist heute unmöglich geworden. Woran sich die berühmte „schwäbische Hausfrau“, aber auch jedes Unternehmen zu halten hat, gilt für Staaten nicht. Die Regierungen haben ein hoch-vitales Interessen daran, Schuldenstände und auch die Herkunft und Verwendung von finanziellen Fremdmitteln zu verschleiern; und das gelingt ihnen recht gut. So ist es heute kaum möglich, die tatsächliche Schuldengefahr in der Eurozone einzuschätzen. Bereits ein paar Jahre nach der Euroeinführung begann ein Streit über die Höhe der Sonderinflation, die mit der Euroeinführung in manchen Staaten der Eurozone einsetzte. Viele Deutsche waren der Überzeugung aus Erfahrung an den Supermarktkassen, dass diese Sonderinflation fast einer Verdoppelung der Preise entsprach; aus D-Mark wurden Euro, was sich aber bei Löhnen und Gehältern so nicht widerspiegelte. Was sich widerspiegelte, war ein großes Loch im privaten Portemonnaie und eine Kryptografie von Schuldensalden im öffentlichen Haushalt.

Wer kann heute sagen, wie hoch die tatsächliche Verschuldung von Griechenland und Italien z.B. ist? Wieviel Geld ist wirklich geflossen, wieviel davon ist für Schuldendienste und wieviel für die Haushaltssanierung verwendet worden? Aber es kommt gar nicht auf die Höhe der Verschuldung, also den Verschuldungsgrad an, die Frage ist vielmehr, sind die Schulden tragfähig? Sinn (2015) macht sich wirklich große Mühe, eine wissenschaftlich belastbare Antwort darauf zu geben3. Wir lesen dort, dass zwischen den tatsächlichen und den hypothetischen Staatsschulden eine gewaltige Differenz existiert, für Griechenland z.B. zwischen 177-233 Prozent. Wir lernen etwas über den BIP-Deflator4, also über die Berücksichtigung impliziter Preisänderungen, die natürlich ganz besonders bei langlaufenden Krediten und so auch bei den Target-Salden zu berücksichtigen sind. Sinn berücksichtigt bei der Staastschuldenquote (Tabelle 9.1) zu den tatsächlichen Schulden die Sonderinflation und die Wechselkursanpassungen und versucht zu einer realistischeren Einschätzung der Tragfähigkeit der Staatsschulden zu kommen. Natürlich ist hierzu eine „künstliche Verringerung der Schuldenquoten durch die Sonderinflation, die der Euro brachte, herauszurechnen oder die BIP-Niveaus zu wettbewerblichen Preisen zu bewerten.“ (S.470) Aber wem ist damit wirklich gedient?
Solcherart Berechnungen sind bereits einer „alten Schule“ zuzurechnen, denn die Finanzkrise 2007/07 hat in der Folge zu einer völligen Neubestimmung von privaten und von öffentlichen Schulden geführt.
Galt vorher noch die einfache Formel, dass eine Überschuldung nur auf Unternehmen anwendbar ist, gilt dies heute auch für Staaten. Galt vorher, dass eine Überschuldung voraussetzt, dass eine mit beschränktem Kapital haftende Körperschaft dann überschuldet ist, wenn die Eigenkapitalgeber ihre Kapitaleinlage verloren haben, so gelten heute weder für private Körperschaften noch für öffentliche Haushalte diese Bilanzregeln, die im §19 der InsO (Insolvenzordnung) niedergelegt sind. Infolge der Finanzmarktkrise wurde 2008 der § 19 InsO durch das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) geändert. Die Überprüfung, ob eine Überschuldung vorliegt, erfolgt nunmehr zweistufig, auf deren erster Stufen zunächst eine Fortbestehungsprognose gestellt wird. Ist die Fortbestehungsprognose positiv, besteht rein rechtlich und auch nicht aus einer bilanziellen Betrachtung heraus kein Insolvenzeröffnungsgrund.
Was Sinn macht, ist in diesem alten Gedanken verankert und imponiert als eine Art Überschuldungsbilanz mit Zerschlagungswerten. Seit 2008 aber gilt, dass bei positiver Fortbestehungsprognose zwar eine Überschuldungsbilanz aufzustellen ist, nicht aber mit Zerschlagungswerten, sondern mit Fortführungswerten. Man könnte wie im Falle Griechenland auch sagen, betrachtet man Griechenland isoliert, dann ist Griechenland nicht zahlungsfähig, seine Schulden erzwingen eine Zerschlagung des Staates Griechenland wie man ein Unternehmen zerschlägt, wenn kein positiver Fortbestand mehr gewährleistet ist.

Nach der Neuformulierung von § 19 aber ist selbst bei negativem Kapital in der Überschuldungsbilanz das Unternehmen nicht überschuldet, wenn es im Prognosezeitraum wahrscheinlich zahlungsfähig bleibt. Und so ist es auch im Falle Griechenlands, betrachtet aus der Perspektive der EU resp. der Eurozone. Der Wille der EU zur Fortführung des griechischen Haushaltes ist unverkennbar. Die kurzfriste wie die langfristige Refinanzierung des griechischen Haushaltes ist erkennbar gegeben und auch in der Betrachtung nach Maßgabe einer langfristigen Liquiditätsprognose ist Griechenland als Teil der EU nicht zahlungsunfähig. Ob man im Falle des griechischen Haushaltes also auch die nächsten beiden Jahre oder über den gesamten Schuldenzeitraum von etwa 35 Jahre hinweg betrachtet ist die Zahlungsfähigkeit überwiegend wahrscheinlich und somit die Schuldentragfähigkeit gegeben.
Nun mag man sagen, dass die Neuordnung des § 19 InsO einem nicht gefällt und man diese Form eines transnationalen Schuldenregimes nicht möchte, aber dann liegt bei einer negativen Prognose, in der der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit natürlich wahrscheinlicher ist, als ihre Vermeidung die Frage nach der Alternative auf dem Tisch. Geht man prognostisch von der Zahlungsfähigkeit aus, die seit 2008 nun bei der Prüfung einer Zahlungsunfähigkeit im Fokus und im Vordergrund der Betracht steht, dann bleibt im Falle Griechenlands jederzeit die Möglichkeit bestehen, dass der Staat faktisch auch wieder in die Insolvenz gerät, wenn nämlich aufgrund politischer Entscheidungen in der EU die Situation herbeiführt wird, dass der Überschuldungsbilanz Griechenlands eine Kapitalunterdeckung durch die Eurostaaten gegenübersteht.
Im anderen Fall, also wie Sinn dies im Auge hat, würde die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands festgestellt, Staatsschulden, Bankenschulden und Target-Schulden würden kühl bilanziert und dann…? Sinn vermeidet die logische Konsequenz explizite. Sie ungeschminkt zu benennen hieße Griechenland aus dem Euro zu nehmen. Desgleichen würden Irland, Portugal und Spanien treffen. Man müsste dann konsequent die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien sowie dem Kosovo sofort beenden. Würde man allein wirtschaftliche Kriterien ansetzen, dürfte man auf gar keinen Fall über einen Beitritt mit diesen Kandidaten sprechen. Ein Land, in dem wie in Rumänien die Menschen, wenn sie überhaupt Arbeit finden, für eine Stundenlohn von 1-2 Euro hart arbeiten, ist arbeitsmarktpolitisch, fiskalisch usw. nicht in die EU integrierbar; warum versucht die EU es dann doch? Es gehört eben mehr zum europäischen Experiment als ein ökonomischer Imperialismus angelsächsischer Prägung. Dieser ökonomische Imperialismus wird uns noch beschäftigen. Allein an dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass eine bestimmte Form der Ökonomie, die angelsächsisch inspirierte, auf der Grundlage des englischen Liberalismus basierende, wissenschaftlich Ökonomie in fast alle Bereiche der Industriegesellschaften und mittlerweile auch weit darüber hinaus in den Schwellenländern eingedrungen ist.

Zurückzukehren zu einer Marktwirtschaft, von der man bei Sinn nicht so recht weiß, ist es eine liberale oder eine soziale Marktwirtschaft mit den Konsequenzen eines ökonomischen Imperialismus‘ scheint nicht der geeignete Gedanke zu sein. An der aufbrausenden Krise der Ökonomik kann man sicherlich erkennen, dass der neu entbrannte Streit über die Bewertung und den Umgang mit Staatsschulden zumindest ein Thema wieder hoch gespült hat. Dieses Thema dreht sich zwar vordergründig um die Wirksamkeit und Steuerbarkeit der Geld- und Währungspolitik, bedenkt aber nicht die umfassenden Transformationen, die innerhalb der Marktwirtschaft jeglicher politischen Ausprägung heute stattfinden.
Das Gesamtbild des Übergangs von einer Marktwirtschaft in eine Politische Ökonomie wurde der gesamten Welt gerade aktuell vor Augen geführt in der abschließenden Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses zum neuen EU-USA Handelsabkommen. Die absolute Durchsetzung amerikanischer Handelsinteressen, kompromisslos im „America first“, bei Fleisch, Soja und Flüssiggas hatte blanke erpresserische Begleitung durch die Androhung von Zöllen für europäische Autoimporte. Der Einbruch bestehender Fleischimporte aus Argentinien, der massiv ausfallen wird, bringt dort in Lateinamerika die Wirtschaft und die soziale Lage in Gefahr. Und so könnte man bei Soja und Gas fortführen. Uns aber geht es mehr darum zu zeigen, dass die neoimperialistische Handelspolitik der USA aus einer wissenschaftlichen Ökonomik kommt, deren Unzulänglichkeit und ökonomische Problematik nur die Oberfläche eines tieferen Phänomens verdecken. Wissenschaftlich betrachtet müsste der erfolgreiche Handelskrieg der USA wenigstens das Leistungsbilanzdefizit der USA abmildern, tut es aber nicht. Daher begleitet den Handelskrieg auch eine neofeudale Herrschaftsstruktur des US-Präsidenten gegenüber der US-Notenbank. Gleichzeit mit der handelspolitischen Agenda versucht Donal t. auch seine geldpolitische Agenda durchzusetzen. In einer Marktwirtschaft war es ein gut durchdachter Gedanke, die Notenbanken von der Politik unabhängig zu institutionalisieren. Diese Unabhängigkeit ist nicht nur „backstage“ vorbei, sondern der Präsident greift die Notenbank in aller Öffentlichkeit massivst an und besteht auf Zinssenkung. Er bekam 0,25 Prozent, insistiert lauthals weiter auf 0,5 oder einem Prozent mit der Drohung, die Fed für eine Abschwächung des Wachstums verantwortlich zu machen und öffentlich zu desavouieren. Denn selbst gute Handelsvereinbarungen, die einseitig US-Exporte begünstigen, die aber handelsstrategisch keinerlei Nutzen haben, weil die bestehenden europäischen Importe lediglich zu Ungunsten bestehender Verträge substituiert werden und zudem noch durch teurere Produkte, die auch keinerlei Nutzen in ihrer Umweltbilanz haben; im Gegenteil, bereinigen das US-Defizit keineswegs. Argentinien, ein Staat mit großen Haushaltsproblemen, bleibt so weiterhin auf der Strecke und zieht durch diese Politik sogar noch die Spekulationen der Finanzmärkte gegen den argentinischen Peso an. Donald t. und seine wissenschaftlichen Berater müssen aber trotzdem lernen, dass ihre Handelspolitik binnenstrategisch betrachtet so nicht greift und versuchen sodann auf dem nächsten Feld ihre Vorteile zu erwirtschaften.

Aber wie wir bereits ausführlich dargelegt haben, sind auch die geldpolitischen Maßnahmen der amerikanischen Politökonomie nicht hinreichend und zielführend. Zinssenkungen sollten die Börsen stärken, also die Unternehmenswerte der gelisteten US-Konzerne und gleichzeitig den Wechselkurs des US-Dollars gegenüber dem Euro inflationieren. Die Börsen erreichen fast täglich neue Höchststände und der Dollarkurs steigt. Unterstellen wir dazu noch ein starkes Eigeninteresse des US-Präsidenten – als ein „Bauchgefühl, ohne dies allerdings belegen zu können – dann muss ihn das auch persönlich stören, verringern sich seine Insider-Trades an den Aktienbörsen doch ein wenig durch seine Fehlspekulationen an den Devisenmärkten. So bleibt ihm und seinen Experten auch wohl kaum etwas anderes übrig, als so zu prozedieren, wie wir dies bereits angekündigt haben, die Politische Ökonomie der USA wird sich bald auf dem Feld des Währungskrieges betätigen.
Wenn die US-Währung einfach nicht mehr den gängigen Wissenschaftsklischees des Monetarismus folgen will, muss man ihr schlicht und ergreifend nachhelfen. Der Ausdruck „Währungskrieg“ als Geldpolitik mit anderen Mitteln scheint hier angebracht zu sein. Denn von allein bewegt sich der Dollar nicht in die richtige Richtung und da dies aus amerikanischer Sicht nur an den wärhrungsmanipulativen Maßnahmen der Europäer, der Chinesen und ein paar der asiatischen Tigerstaaten liegen kann, ist das weitere Vorgehen der USA aus dieser Sicht auch legitimiert.
Nach der theoretischen Annahme vom makroökonomischen Gleichgewicht, fördert eine Abwertung der heimischen Währung den Export, hemmt die Importe und es entsteht Inflation; so die Lehre. Und mit der Zeit wurden weitere Kriterien in die gleichen Bedingungen integriert, wie etwa die Wettbewerbsfähigkeit, die durch eine Abwertung der inländischen Währung dazu führt, dass für inländische Anbieter die Preise auf den Weltmärkten sinken und die Wettbewerbsfähigkeit also steigt. Alles dies sind schöne Gleichgewichtsphänomen auf der Grundlage gleicher Mengen und wenn man die Mengen verändert, verändern sich je nach Richtung auch die anderen Elemente der Gleichung. Was der Mathematik aber widerspricht, so entdeckte die Ökonomik, ist eine nicht durch Marktprozesse, sondern willkürlich herbeigeführte Währungsabwertung und diese willkürlich Abwertung wurde zum Präzedenzfall einer sog. kompetitiven Abwertung, die den unschönen Ausdruck: „Beggar-thy-Neighbor“ verliehen bekam. Was man vergaß zu erwähnen, ist, wer denn die unschöne Aufgabe übernimmt, seinen Nachbarn zum Bettler zu machen. Das kann nur eine durch die Politik gesteuerte Wirtschaft; so alt ist das Phänomen also schon. Der Unterschied zur aktuellen Politischen Ökonomie ist, dass im Gegensatz zu früheren Wettbewerbsverzerrungen durch politische Handlungen und Interventionen auf den Devisenmärkten wir heute von den wichtigsten Märkten sprechen müssen, die von der Politischen Ökonomie mehr und mehr dominiert werden. Wir befinden uns also derzeit in einer Transformationsphase, die nicht nur die Dominanz der Technik und Technologie in der Wirtschaft zugunsten einer wissenschaftlichen Ökonomie als dominantes Element ablöst, sondern in dieser Epoche der Transformation verbinden sich Technik, Wissenschaft und Ökonomie zu einer digitalen Ökonomie, die nun in den Händen der Politischen Ökonomie ihre letzte Stufen für die nächsten Jahrzehnte erreicht.

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WohlstandsverteilungLeistungsbilanzüberschussIntervention am DevisenmarktSmithsonian Agreement„Floaters“BIP-DeflatorÜberschuldungsbilanz mit Zerschlagungswertenökonomischer Imperialismus„Beggar-thy-Neighbor“


1 Siehe Webseite finanzmarktwelt.de.
Die offizielle Arbeitslogkeit in den USA, Quelle United States Department of Labor; Bureau of Labor Statistics.

2 Das gleichnamige Washingtoner Konferenzgebäude prägte den Namen Smithsonian. Hier wurde am 18.12. 1971 unter den zehn wichtigsten westlichen Industrienationen ein Realignment der Währungen untereinander vereinbart. Der Dollar wurde stark abgewertet und die Wechselkursbandbreite von ± 1 % auf ± 2,25 % beschlossen. Seit März des Jahres 1973 hat dieses Abkommen keinen Bestand mehr.
3 A.a.O.S 471-473
4 Der BIP-Deflator ist ein Preisindex des Bruttoinlandsprodukts (BIP), der als sogenannter impliziter Preisindex als Quotient aus nominalem (in jeweiligen Preisen) und realem (preisbereinigt) BIP errechnet wird: Die Veränderungsrate des BIP-Deflators ist eine Preisveränderungsrate. (Wikipedia)

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