Ich bin, also denke ich.

Wollen wir die Entwicklung und damit auch die Veränderungen unseres Verstehenshorizontes nachvollziehen, ist ein Blick auf die griechische Philosophie und Platon gewiss nicht unnütz. Die Schwierigkeit, das zu tun, liegt zuallerst einmal darin begründet, dass bei Platon keine Stelle in seinen Dialogen mit einer systematischen Erläuterung der Ideenlehre zu finden ist. Es bleibt also nur, Platons Ansichten über die Ideen aus vielen verstreuten Bemerkungen zu rekonstruieren, was glücklicherweise von einigen Philosophen bereits vorzüglich erledigt worden ist.

Die Ideen (und auch der Begriff der Formen) gelten als Grundstein platonischen Denkens. Sie sind metaphysische Instanzen und als solche handelt es sich bei den Ideen um das „wahrhaft seiende Wesen“ (*Platon, Phaidros 247c), nämlich „das reine, immer seiende unsterbliche und in sich stets Gleiche“ (*Platon, Phaidon 79d).

Platon setzt mit dem Begriff der Idee bzw. mit seiner Ideenlehre die Idee respektive den Begriff des Seins ab von dem Begriff des Seienden, welches der sinnlichen Erfahrung zugänglich ist im Unterschied zu den Ideen, die nur intellektuellen Anschaungen, also dem Denken zugänglich sind. Ist das Seiende stets veränderlich, also im Werden, ist das Sein immer mit sich selbst gleich, unveränderlich.
Bevor wir uns mit dem Ich dieses grundlegenden Satzes der Identität, genauer gesagt der Identität der Identität und Differenz zuwenden, insofern das Ich bin dasselbe Ich ist wie das Ich denke, dieses Seiende (Ich) bin) aber verschieden ist von einem anderen Seiendem, dem Logos (Ich) denke), schauen wir auf unseren Satz einmal etwas genauer, ohne das darin enthaltene Ich hin. Dann steht da einfach nur: Sein und Denken.

Das platonische Denken begründet historisch gesehen den Gedanken eines selbstidentischen Seins des Seienden. Also etwas nur geistig erfahrbares, das wesenhaft ist für alles, was ist, eingestaltig, immer bestehend, eine intellektuelle Anschauung, urbildhaftes Prinzip, das in den vielen Einzelnen, also in allem Seienden zur Darstellung kommt.

Die platonischen Ideen/Formen (griech. idea, eidos) sind bestimmte, aber nur der Vernunft zugängliche Entitäten. Sie sind dem Sein und der Erkenntnis nach gegenüber konkreten, sinnlich wahrnehmbaren Einzelgegenständen vorrangig und stehen als seinsbegründende Urbilder in einer bestimmten Beziehung zu diesen. (*vgl. Dirk Cürsgen: Art. Eine, das (hen); Eines/Vieles, in: Christian Schäfer (Hrsg.), Platon-Lexikon, 2007, S. 102).

Platon spricht den Ideen eine reale Existenz zu, gleichwohl sie nur durch intellektuelle Anschauungen erfahrbar sind. Die Ideen sind damit auch in höherem Maße seiend als die sinnlich wahrnehmbaren Einzelgegenstände. Sie sind die einzig wahrhaft seienden Wesenheiten. Die sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände besitzen für Platon aufgrund ihrer Vergänglichkeit und Veränderlichkeit aber nur ein bedingtes und damit defizitäres Sein.
Platon legt hiermit den Grundstein für das abendländische Denken mit dem Primat des Denkens über jede Form der sinnlichen Erfahrung.

Ernst Cassirer schrieb dazu:
„Wahres Sein hat nur das, was wahrhafte Dauer hat. Wahre Dauer aber besitzt nichts Dingliches, sondern nur das geistige Prinzip“ (*Ernst Cassirer: Aufsätze und Kleine Schriften (1902-1921), 2001, S. 507). Platon unterschied streng zwischen der vergänglichen, sinnlich erfahrbaren Welt und dem unveränderlichen, ewigen Reich der Ideen.

Ideen stehen in einem Zusammenhang. Dabei handelt es sich häufig um einen komplexen und in sich gegliederten Gegenstandsbereich. Wer Erkenntnis über eine Idee gewonnen hat, der kennt auch die Beziehungen, die zwischen den Elementen des Bereichs bestehen, zu dem die Idee gehört. Eine Idee zu kennen bedeutet damit auch, Kenntnis von den Relationen zu anderen Ideen zu haben (*Platon, Sophistes 254 b f.).

Die Ideen transzendieren Raum und Zeit. Sie bilden in einer vollkommenen Ordnung untereinander ein einiges und in sich selbst gegliedertes Ganzes, das frei ist von Zufall und Veränderung. Das Reich der Ideen setzt deshalb die Einheit der intelligiblen Welt voraus, es ist von seiner Struktur her eine Einheit in Vielheit.

Platon entfaltet in seiner Ideenlehre die Idee eines Ganzen, einer Ordnung, die einzig aus einer Vielzahl von Beziehungen steht, also Relationen von Ideen untereinander. Das meint Einheit in der Vielheit bei ihm, Sein des Seienden. Und er kennt eine Welt, die des Seienden, in Raum und Zeit, die dem Zufall und dem Werden, also Veränderungen ausgesetzt ist.

Dass die Welt der Ideen mit der Welt des Seienden verbunden ist, also kein Dualismus behauptet wird, haben wir schon gesehen, verhalten sich Ideenwelt und Sinnenwelt wie Muster und Nachbildung. Leider ist aber jede noch so gute Nachbildung nur ein schwacher Abklatsch der ursprünglichen Idee und der Weg zur „absoluten Idee“ (Hegel) scheint endlos. (Wir werden Platons Begriff der Wahrheit: Aletheia damit in Verbindung setzen.)

Dort also, wo es keinen Zufall und keine Veränderungen gibt, ist nach Platon auch die Einheit einer intelligiblen Welt und mithin Wahrheit. Hier entsteht eine fast schon klassisch- romantische Vorstellung einer Welt von Sinnhaftigkeit, wohlwissend, dass sie keine Wirklichkeit ist, sondern in die Welt der Ideen gehört.