Wir haben bereits im Band V. zur Digitalisierung deutlich angemerkt, dass wir uns in einer neuen Form des Währungskrieges befinden, auf dessen Schlachtfeld die Machstrategien der Zukunft ausgetragen werden. Das ist quasi der Punkt primus inter pares, wenn wir über Geld, Zahlungsverkehr und den Wettbewerb unter den Währungsräumen sprechen, vor allem die USA, Euro und die VRC; wir vergessen dabei den asiatischen Wirtschaftsraum nicht. Wohin letztlich Länder wie Japan, Südkorea, Taiwan etc. währungsstrategisch sich ausrichten, wissen wir nicht, aber einen eigen Währungsraum einzurichten scheinen sie nicht zu versuchen.
Stand heute (11/21) ist, dass in den USA bereits seit fast einem Jahr PayPal-Kunden wählen können, ob sie Bitcoin, Ether, Bitcoin Cash oder Litecoin als Zahlungsquelle nutzen möchten. Egal wo sie etwas kaufen, auf welcher Plattform auch immer, die Händler auf den E-Commerce-Plattformen oder Webseiten fakturieren ihre Verkäufe in herkömmlicher Währung und Geldform, in Deutschland können Kunden zwischen verschiedenen Zahlungsabwicklungsanbietern wählen, aber nicht eine Geldform. Wann und ob dies in Deutschland und später auch in ganz Europa der Fall sein wird, ist noch nicht abzusehen, Tatsache aber ist heute schon, dass es in Zukunft auch in Europa Kryptogeld geben wird. Die Frage dabei ist nur und ganz zentral die, ob es europäische Zahlungsdienstleister mit Kryptogeldern geben wird und ob es eine europäische Kryptowährung, den E-Euro geben wird? Die Antwort auf diese Fragen wird entscheidend sein, nicht nur welchen Stellenwert Europa in der Welt politisch einnehmen wird, sondern auch welchen sozialen und kulturellen Standards Europa folgen wird.
Während in den USA fast unbehelligt von Regulatoren Netzwerke des Zahlungsverkehrs geknüpft werden und eine Strategie der weltweiten Implementierung von einer dominanten Kryptowährung, den E-US-Dollar, sich abzeichnet, diskutiert Europa über Regularien. Europas Krypto Experten sehen mittlerweile auch, dass der Bitcoin kein besonders gut geeignetes Zahlungsmittel ist wegen seiner aufwendigen Rechenleistungen im Proof of Stake (Band V. Kap. 4) Verfahren, dass aber Bitcoin vehement daran arbeitet, das Verfahren effizienter zu gestalten. So sehr man aber in Europa die technische neben der regulatorischen Seite der neuen Geldformen und Währungen betrachtet, lässt man hier den dritten, entscheidenden Faktor fast ganz außer Acht, den die USA parallel zur Technik fokussieren, die Entstehung einer neuen Finanzinfrastruktur. PayPal, ein US-Unternehmen aus dem strategischen Gedankengebäude von Elon Musk hat es verstanden, die Grundlagen für die neue Finanzinfrastruktur – genauer wäre zu sagen: das neue Finanznetzwerk – anzugehen und umzusetzen. PayPal muss sich sputen, um ein tragfähiges Netz von E-Commerce-Handelsplattformen und Unternehmen aufzubauen, die PayPal als Zahlungsdienstleister akzeptieren; warum gibt es eigentlich keinen europäischen Wettbewerber zu PayPal? So bewirbt PayPal aktuell Angebote für Haushaltsgeräte und Elektronik von AO, einem britischen Konzern und folgt man diesen Weg durchs Internet, dann reibt man sich die Augen, wenn man fündig wird und liest: „Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die du hier findest http://ec.europa.eu/consumers/odr/. Verbraucher haben die Möglichkeit, diese Plattform für die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu nutzen. Zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle sind wir nicht verpflichtet und nicht bereit.“ So ist er der gebrexite Brite, er hält sich natürlich nicht an das Recht in dem Land, aus dem seine Kunden kommen. Folgt man der europäischen Plattform zur Online-Streitbeilegung weiter, dann wird es peinlich, weil das gar keine Plattform ist, sondern eine äußerst schlecht gemachte Webseite, die inhaltlich den eigenen Anspruch auf europäisches Recht für europäische Kundinnen und Kunden an die Engländer verhökert.