Alles steht mit allem im Zusammenhang, so der groĂe Traum der empirischen Wissenschaften, der aus dem Aristotelischen Kategorien-Schematismus geboren seinen Weg bis in die Netzkultur gefunden hat und sich hier perfekt verzettelt. Leibniz , so sagt man, hinterlieĂ sein gesamtes Wissen auf mehr als 200 000 handbeschriebenen Zetteln, die bis heute weder nach den wissenschaftlichen Disziplinen seines Lebens als Philosoph, Physiker, Mathematiker, Ingenieur, Diplomat, Jurist, Historiker, politischer Berater und Erfinder noch kategorisch oder epistemologisch geordnet werden konnten; ein Aristoteliker wie er im Buche steht, dem Aristoteles auch nicht helfen konnte, sein Wissen zu sortieren und eine ordentliche Aufgabe fĂŒr die KI unserer Zeit. Aber auch unsortiert hinterlieĂ Leibniz uns den wissenschaftlichsten aller Gedanken: Nichts ist ohne Grund , der seitdem die Wissenschaften wie das private Leben durchdrungen hat. Wenn aber alles mit allem in einem Zusammenhang steht, aber etwas einen Grund haben soll, dann mĂŒssen die ZusammenhĂ€nge prinzipiell auf etwas zurĂŒckzufĂŒhren sein, das nicht schon selbst in den ZusammenhĂ€ngen enthalten ist und dieses Etwas kann nicht Nichts sein, eben ein Grund. Mit diesem Satz des zureichenden Grundes beginnt die Neuzeit als Wissenschafts-zeitalter, als Zeitalter der mathematischen Auslegung des Seienden, die nicht möglich ist anders als durch die EinfĂŒhrung der mathematischen âNullâ (0).
Nicht selten liest man heute von der RĂŒckfĂŒhrung aller Mathematik auf die vorsokratischen Denker des antiken Griechenlands und so geschieht auch die BegrĂŒndung des digitalen Denkens aus dem aristotelischen Denken, welches mit der metaphysischen Differenz aller Differenzen, dem Sein und dem Nichts beginnt. Aber weder Aristoteles noch Pythagoras kannten die Null, weder die Babylonier noch die Ăgypter; wie kann man also die moderne Mathematik, in der die Null die zentrale Rolle im mathematischen Denken ĂŒbernimmt, zurĂŒckfĂŒhren auf ein Denken, das zwar eindeutig mathematisch ist, aber keine Null kennt? Wir kommen also nicht umhin, uns mit Nullen zu beschĂ€ftigen, mit den Leibnizâschen Nullen. Wir haben uns eingehend mit dem Satz des Pythagoras beschĂ€ftigt und gesehen, wie aus Figurationen, etwa dem Schattenlauf der Sonne, mathematische Berechnungen entstehen können, die wiederum zu figurativen Fortzeichnungen (Kreis) fĂŒhren. Babylonier, Ăgypter und Griechen hatte keine mathematische Vorstellung der Zahl Null als ein neutrales Element z.B. bezĂŒglich der Addition resp. Subtraktion, anschaulich z.B. in der Plus-Minus-Differenz zweier gleicher Zahlen (1 minus 1 = 0). In der Vorstellung wie in der Geschichte der Mathematik ist die Null als ganze Zahl zugleich die Nachfolgerin der Minus-Eins und VorgĂ€ngerin der Eins; man kann auch sagen, die Null ist mathematisch gesprochen die KardinalitĂ€t der leeren Menge oder erste Ordinalzahl.
Die Null ist eine gĂ€ngige mathematische Bezeichnung fĂŒr ein neutrales Element in vielen algebrai-schen Strukturen, selbst wenn andere Elemente nicht mit gĂ€ngigen Zahlen, sondern z.B. mit âBuchstabenâ wie etwa âtâ fĂŒr die Zeit identifiziert werden. Fast schon sympathisch a-metaphysisch ist die Null die einzige reelle Zahl, die weder positiv noch negativ ist; die Zahl Null ist gerade. Ohne diese Bedeutung der Zahl Null ist eine NĂ€herung zum mathematischen Unendlichen nicht möglich, aber genau das hat Leibniz der Nachwelt auf einem seiner Zettel hinterlassen; die Leibniz-Reihe.
Abbildung 56 im Original. Leibniz Reihe zur Berechnung der Kreiszahl Pi, die eine mathematische Konstante zwischen Um-fang und Durchmesser eines Kreises ist und bei der Berechnung von allen möglichen kreisförmigen Figuren zum Einsatz kommt.
Die Leibniz-Reihe ist die Urvorstellung des mathematisch Unendlichen, jedenfalls im abendlÀndischen neuzeitlichen Denken, gleichwohl es so scheint, als hÀtte der indische Mathematiker Madhava die Null und diese Formel bereits im 14. Jahrhundert gekannt. Wie dem auch sei; seit Leibniz ist die Welt keine Scheibe mehr und die Vorstellung, dass die Erde rund ist, auch berechenbar. Seit Leibniz bestimmte, dass die Zahl Null die einzige reelle Zahl und gerade ist und auf einer Zahlengeraden der Nullpunkt die positiven von den negativen Zahlen trennt, war die Voraussetzung geschaffen, eine universelle Form der Datums- und Zeitformate zu bilden, in denen jede Einheit mit einer festen Ziffernzahl wiedergegeben werden kann, die gegebenenfalls durch vorangestellte Nullen differenziert werden, etwa je nachdem, ob man 24.00h als Ende des Tages oder als 0.00h, als Anfang eines neuen Tages darstellen will.
Die Leibnizâsche Null hat also den gregorianischen Kalender mit der Datumsdarstellung nach weltweiter Norm, der ISO 8601 ermöglicht, ohne die kein Computer auf der Welt auskommt. Die Null als ein âLĂŒckenzeichenâ mit eigenem linearen Richtungswert machte die EinfĂŒhrung von Stellenwertsysteme wie z.B. die Dezimalzahlen erst möglich, und erst die von Leibniz ausgehende Erfindung eines Stellenwertsystems mit dem LĂŒckenzeichen â0â und die Betrachtung von â0â als eigenstĂ€ndige Ziffer, die etwas darstellt, mit dem man wie mit anderen Zahlen rechnen konnte, fĂŒhrte zur Vorstellung, dass die Null â0â eine Zahl sei. Damit war eine Grundlage fĂŒr die weitere Entwicklung der Mathematik und Ă la longue der Informatik gelegt.
Die Erde war seitdem keine Scheibe mehr, aber auch keine Kugel im Sinne einer unbestimmten Vor-stellung, sondern ihr Umfang und ihr Durchmesser am Ăquator wie unterhalb der Pole wurde berechenbar; sehr vorteilhaft fĂŒr Piloten. Zeit war keine ungefĂ€hre Vorstellung mehr, die dauernd deutlich vom Lauf der Sonne â natĂŒrlich vom Lauf der Erde um dieselbe â abwich und dafĂŒr brauchte man
Abbildung 57 im Original. Eine Anwendung der Differenzialrechnung ist die Berechnung der Steigung von Kurven.
die â0â als Zahl. Mit der Null konnte ab sofort auch die Vorstellung von der Unendlichkeit in die Mathematik getragen werden, zumindest kam man dem philosophischen Begriff des Unendlichen hier doch sehr nahe. Genau gesagt, mathematisch dem beliebig Kleinen wie dem beliebig GroĂen und dabei spielt kaum eine Rolle, ob neben Leibniz zugleich auch Newton als Erfinder der Differenzial- und Integralrechnung notiert werden muss; die mathematischen Terme dx und das Integralzeichen stammen von einem der Zettel Leibnizâ und wurden zur sogenannten Leibnizâschen Symbolik der Differenzialrechnung (dx, dy, ds) und der Ableitungen einer mathematischen Funktion. Das Differential bzw. der Differentialquotient, ist ja nichts anderes als die Steigung einer Funktion in einem bestimmten Punkt, wobei der Differentialquotient (=Ableitung) nichts anderes als eine Funktion ist, die die Steigung einer anderen Funktion in jedem Punkt beschreibt. Von da aus konnte man ein wenig spĂ€ter bei einem Auto mit Automatikgetriebe die zurĂŒckgelegte Strecke und die Zeit in einem Graphen ablesen, wenn das Mobile seine Höchstgeschwindigkeit erreicht hat, oder den Zeitpunkt der Mondlandung auf die beste TV-Zeit legen, damit so viele BĂŒrger der USA wie möglich so richtig stolz auf ihr Vaterland sein konnten; und die Werbeeinnahmen auch noch stimmen.
Was wenig beachtet wurde aber war, dass â wir haben an anderer Stelle bereits eingehend darauf hingewiesen â Mathematik und Physik einander kompatibel wurden. Eigentlich komplementĂ€re Be-trachtungsweisen der Welt, wurden beide durch die Null als diese Leibnizâsche Zahl so in Beziehung gesetzt, dass Mathematik und Physik zum Zwillingspaar der modernen Naturwissenschaften wurden, zu einem komplementĂ€ren Paar im Sinne des âsowohl-als auchâ. Die Umkehrung einer mathemati-schen Operation wie etwa das Differenzial, wird zu einem Integral, fĂŒhrt man beide Operationen nacheinander aus, d.h. wenn man eine Funktion f(x) nach dx differenziert und dann nach dx integriert oder umgekehrt, erhĂ€lt man wieder die ursprĂŒngliche Funktion f(x). Seit Leibniz ist der Differenti-alquotient ein zum Integral komplementĂ€rer Operator und Mathematik und Physik sind versöhnt auf alle Zeiten, ob das Koordinatensystem also durch x und y wie in der Mathematik gebildet wird, oder wie in der Physik durch Weg (s) und Zeit (t) oder andere GröĂen, ab nun ist es egal.
Nun wissen wir aber, so ein Auto macht nur Schwierigkeiten, wenn man damit fĂ€hrt. FĂŒr einen ge-wöhnlichen Autofahrer mag ja alles seine Ordnung haben und er hĂ€lt sich an seine Tachoangaben, um die Geschwindigkeitsbegrenzungen einigermaĂen einzuhalten. So ein Tacho misst dabei einen Momentanwert, der allerdings richtig mathematisch berechnet einen Zusammenhang darstellen mĂŒsste aus den Raddrehzahlen, die eine Wegmessung darstellen, aus Geschwindigkeit und den jeweiligen Beschleunigungswerten, aber das macht kein Tacho, nĂ€mlich die reale Geschwindigkeit berechnen. WĂŒrden wir nachmessen, dann ergĂ€ben sich doch deutliche Unterschiede zwischen Tachoanzeige und realer Geschwindigkeit, die vor allem auf die Wegmessung zurĂŒckzufĂŒhren sind und die wiederum auf Fehler, die die Mathematik weder feststellen noch berechnen kann, so da wĂ€ren z.B. der tatsĂ€chlich Abrollumfang der Reifen, fĂŒr den es keine ISO-Norm im mathematischen Sinne gibt, weil Herstellertoleranzen mit zur Reifenproduktion gehören wie auch der tatsĂ€chlich Profilabnutzungsgrad, der vom Fahrstil und Material herrĂŒhrt und einige weitere Faktoren. Solche Faktoren sind spĂ€testens dann von entscheidender Bedeutung, wenn Formel Eins Rennen im Hundertstel-Sekunden-Abstand ĂŒber Sieg und Niederlage entscheiden. Aber wir Menschen kommen ja normalerweise mit Ungewissheiten und nicht prĂ€zise messbaren UmstĂ€nden einigermaĂen hin, uns helfen die Leibnizâschen Maschinen, die Taschenrechner einst und heute die Algorithmen. Beide wĂ€ren nicht ohne die â0â. Das Rechnen mit Dualzahlen, also mit â1â und â0â, die das digitale Zeitalter einlĂ€uteten und die Grundlage der Informatik wie der Computertechnologie bildeten, scheint uns recht vertraut zu sein; mittlerweile bei vielen Menschen.
Die Null war keine leichte, eher eine schwere Geburt, und letztlich ist dies der Philosophie bis heute nicht so richtig gelungen, ihr den werten Gedanken folgen zu lassen. Seit Leibniz tauchen Nullen ĂŒberall und massenweise in Europa auf und finden schnell ihren Weg ĂŒber den Atlantik und von In-dien aus in den Osten des Globus. Bleiben wir im Westen, der seit Aristoteles mit der Zahl â1â einen Anfang des Denkens in den HĂ€nden zu halten schien. Alles Seiende als eine EntitĂ€t begriff und den Begriff der Eins, der Einheit und IdentitĂ€t mit sich selbst verband, insofern von hier etwas ausgeht, das nĂ€mlich, was sich verĂ€ndern oder etwas anderes verĂ€ndern, bestimmen kann. Nun, mit Leibniz, steht an eben diesem Anfang eine recht bizarre mathematische GröĂe, die Zahl â0â, die alleine nichts ist, aber allen anderen Zahlen, den positiven wie den negativen zur GröĂe verhilft. Ein LĂŒckenbĂŒĂer steht also am Anfang und versöhnt die Physik mit der Mathematik, eine GröĂe, deren GröĂe es allein ist, offen zu sein gegenĂŒber ihrer nĂ€chsten GröĂe, sei es die â1â oder die â-1â. Diese bedingungslose Offenheit, philosophisch gesprochen Kontingenz, ist nun zum KomplementĂ€r der aristotelischen â1â geworden und dies ganz im Sinne des Heraklits als kontingenter Anfang einer Bewegung, nun einer mathematischen Bewegung, die das Denken nicht als etwas begreift, das zwischen zwei EntitĂ€ten oder Einheiten stattfindet, sondern eine AnnĂ€herung an die Physik, an die Welt des Seienden wie sie mit mathematischen Mittel begriffen werden kann. Und dies geht nicht ohne die â0â, denn ohne sie wĂ€ren weder das Unendliche noch die vielen Funktionen und Ableitungen, Ableitungen von Ab-leitungen usw.
Halten wir aber als das wichtigste Element fest, Leibniz hat mit der â0â die Kontingenz an den Anfang des Seins gesetzt und wie fĂŒr die Menschen seit jeher so war auch fĂŒr Leibniz die â0â eine Frage nach dem Grund, eine Frage nach Gott und den AnfĂ€ngen des Universums. Denn nur die Kontingenz er-öffnet aus Ungewissheit und Grundlosigkeit den Grund als Frage, in die das Denken hinausgehalten ist ein Leben lang (in Anlehnung an Heidegger). Dass fĂŒr Leibniz die Null insofern sie Anfang von Allem ist, also sowohl das unendlich Kleine wie das unendlich GroĂe unterscheidet, und damit als mathematische GröĂe kontingent ist, also gleichgĂŒltig in welche Richtung man auch zĂ€hlt, verwun-dert es nicht, dass er mit ihr auch die Frage nach Gott, nach einem transzendenten Grund stellte. FĂŒr Leibniz musste daher auch das Universum aus âMonadenâ zusammengesetzt sein, aus einem Kom-plementĂ€r von Sein und Nichts. Monaden, so sie unendlich klein sein können, haben keine Ausdeh-nung, keine Bewegung mehr in sich und sind dann folgerichtig materiell vorgestellt auch Nichts. So sie unendlich groĂ sein können, wird aus ihnen die Gesamtheit aller Materie, heute sagen wir der kleinsten Teile, und damit das Universum. Aber hier bleibt Leibniz, weitergedacht nicht stehen, denn Monaden gibt es gedacht nicht als eine Eins, als ein irreduzibler Bestand und eine IdentitĂ€t mit sich, es gibt und kann nur wieder unendlich viel Monaden geben; wenn schon, denn schon. Wem die Leibnizâsche â0â am Anfang erscheint, der kennt nicht ein Universum, der spricht von Multiversen. Und der spricht natĂŒrlich nicht nur von Materie, sondern auch von Anti-Materie, von âSchwarzen Löchernâ usw., die, so scheint der Gedanke zur Zeit zu sein, das unendlich Kleine und das unendlich GroĂe vereinen.
Gleichwohl sich die Vorstellung von Multiversen wie auch die der Monaden in der modernen Physik und der modernen Philosophie vom Denken von Leibniz deutlich unterscheiden, zumal die Mathematik zwischenzeitlich ein Ăbriges dazu beigetragen hat, so bleibt doch die â0â bis heute die Gret-chenfrage aller Wissenschaften: âNun sag, wie hast duâs mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hĂ€ltst nicht viel davon.â (Goethe: Faust I, Vers 3415) WĂ€hrend weite Teile Westeuropas vor allem im FrĂŒhmittelalter unter dem Zerfall des römischen Reiches und anderen histo-rischen sowie medizinischen Malaisen litten, wurde in Byzanz, damals die UniversitĂ€t von Konstantin-opel und in den islamisierten Gebieten SĂŒdspaniens, Nordafrika und des Vorderen Orients von Mus-limen, Juden und Christen weiterhin Mathematik auf einem hohen Niveau betrieben. Die indischen Ziffern mit ihrem Dezimalsystem wurden bereits vom syrischen Bischof und Gelehrten Severus Sebokht im 7. Jahrhundert beschrieben, und mit dem Werk: Ăber das Rechnen mit indischen Ziffern (um das Jahr 825) von al-Chwarizmi, einem choresmischen Mathematiker, ĂŒber ein geografisch groĂes Gebiet verbreitet, aber in Mitteleuropa nicht bemerkt. Weitere RechenbĂŒcher, wie die von Ibn Ezra im 12. Jahrhundert folgten und nahmen ihren wissenschaftlich diskreten Weg langsam und allmĂ€hlich durch einen auf grausame Strafen bedachten Klerus, wenn diesem ein am katholischen Weltbild öffentlich frevelnden Geist zu Ohren kam.
Wir haben bereits ein wenig vorher in diesem Band Leonardo Fibonacci, einen Mathematiker des Mittelalters kennengelernt, der mit den arabisch-indischen Zahlen inklusive der Null vertraut war und die er im Jahr 1202 mit seinem Werk: Liber abaci, worin er Beispiele aus der Handelswelt bearbeitete, in Italien einfĂŒhrte. Er rĂ€umt der Null damals schon nicht den gleichen Stellenwert wie den ĂŒbrigen Zahlen ein und nennt die Null in seinem Buch Zeichen statt Zahl. Noch Gerolamo Cardano im 16. Jahrhundert kam im praktischen Rechnen ohne die â0â aus; man nahm es in der Mathematik eben nur so genau, wie es eben ging. Aber im Ăbergang zwischen Mittelalter und Neuzeit entdeckten auch die katholischen Teile Europas die antike griechische Mathematik wieder und sĂ€kularisierten das Rechnen, im Geheimen euphorisch antiklerikal aufklĂ€rerisch.
Die â0â gewann in vielen Bereichen an Bedeutung, eben als ein kontingenter Anfang einer ZĂ€hlung wie einer Rechenart. Die â0â wurde zum Ausgangspunkt fĂŒr viele Skalen, z.B. bei Temperatur oder Meeresspiegel, bei Uhrzeit und Datum und vor allem Temperatur und Meeresspiegel sowie der histori-sche RĂŒckblick aus der Kenntnis politischer VorgĂ€nge lieĂen im Denken die AusdrĂŒcke âpositivâ und ânegativâ und deren Bedeutung wachsen. Unter Null, unter dem Meeresspiegel, frĂŒher gegenĂŒber heute, Abstammungsfolgen und geistige Genealogien wie es ja die Renaissance als Ganze eine war, nahmen gegenĂŒber dem âBuch aller BĂŒcherâ mehr und mehr Raum ein; der Codex Manesse erschien auf der BĂŒhne der Geschichte . Positiv und negativ waren seitdem nicht nur zwei AusdrĂŒcke in der Mathematik, sondern sie folgten auf die Frage nach einem Stellenwert in einem System, nach einer Bewertung als positiv oder negativ und damit auch nach einer BegrĂŒndung in einem anderen als sich selbst. Die â0â im Stellenwertsystem der Mathematik bestimmt recht unterschiedliche Bedeutungen und Bewertungen, wenn etwa eine LĂ€ngenangabe mit 1,200 m erscheint und damit ange-geben wird, dass diese Messung auf zwei Stellen hinter dem Komma genau war; und natĂŒrlich auch, dass eine gewisse Ungenauigkeit bei der Messung vorliegen kann.
Die â0â ist somit eine Bewertung einer Messung und zugleich offen gegenĂŒber einer weiteren, ge-naueren Messung. Die Null kann als eine einzelnstehende Ziffer vorkommen und bedeutet dann die Zahl â0â. Kommt die Null an einer Stelle innerhalb eines Systems vor, dann bedeutet eine Ziffer â0â, dass der dazugehörige Stellenwert in der Stellenwertdarstellung einer Zahl nicht erscheint, so z.B. die 203, die fĂŒr 2*100 + 0*10 + 3*1 steht, also die einzelnen RechenvorgĂ€nge zusammenfasst. HĂ€ngt man etwa an das Rechensystem WĂ€hrung an eine bestehende Ziffer â0â eine weitere â0â an, so multipliziert sich deren Wert innerhalb des entsprechenden Systems mit dem Basiswert des Stellenwertsystems, hier der WĂ€hrung Euro von z.B. 10 auf 100 Euro, da das WĂ€hrungssystem des Euros auf dem Dezimalsystem aufbaut.
Der Name Leibniz steht fĂŒr das Rechnen mit dezimalen Zahlensystemen mit Stellenwertsystem und der Null, welches sich ganz wesentlich unterscheidet von dezimalen Zahlensysteme, ohne Stellenwertsystem und ohne Darstellung der Null, wie dies in den additiven Systemen der alphabetischen griechischen Zahlschrift gegeben ist. FĂ€lschlicherweise wurde notorisch behauptet, dass Papst Silvester II. die arabisch-indischen Zahlen nach Europa gebracht hĂ€tte, wĂ€hrend aber spĂ€testens seit dem 8. Jahr-hundert zuerst im arabischen Orient und im Verlauf des 9. Jahrhunderts dann auch in Nordafrika und Al-Andalus die indischen Ziffern und darauf beruhenden Rechenmethoden bekannt wurden. Erst mit den schriftlichen Rechenmethoden des indischen Zahlensystems, welches den Stellenwert einer Ziffer als Zahl mit der Null als neutralen, kontingenten Anfang des Systems definiert, konnten Aufzeichnungsmaschinen, moderne Rechenmaschinen wie der Computer entstehen. Das Rechensystem be-kam nun verschiedene Aufzeichnungssysteme, Dezimalsystem mit der 10 als Basis, das Dualsystem, das die Ziffern â0â und â1â verwendet und die Zahlen 0 und 1 zuordnet, das sich im Bereich Compu-ting durchgesetzt hat. Das Hexadezimalsystem, bei dem sechzehn Ziffern, bestehend aus â0â bis â9â und aus âAâ bis âFâ verwendet und die Werte der Dezimalzahlen von 0 bis 15 zugeordnet werden.
Es hat sich in der Datenverarbeitung bewĂ€hrt, wo das Hexadezimalsystem seine Vorteile ausspielen konnte, da in der Informatik die Datenwörter meist aus Oktetten bestehen und die im Hexadezimalsystem statt als achtstellige BinĂ€rzahlen als lediglich zweistellige Hexadezimalzahlen dargestellt wer-den können. DarĂŒber hinaus eignet sich im Gegensatz zum Dezimalsystem das Hexadezimalsystem mit seiner Basis als vierte Zweierpotenz (16 = 24) zur einfacheren Notation der BinĂ€rzahlen, da stets eine feste Anzahl Zeichen zur Wiedergabe des Datenwortes benötigt wird. Ein weiteres Zahlensystem kennen wir als IPv4-Format, das aus 4 âZiffernâ besteht, die Werte von 0 bis 255 annehmen können und mit einem Punkt getrennt werden, beispielsweise 192.0.2.42. und die eindeutige Zuordnung einer Webseite im Internet (URL), die Internetadresse also festlegt, oder eine andere Zuordnung von Ziffern zu Ziffernwerte wie etwa die Codierung Base64, die zur Kodierung von Benutzernamen und Passwort in der HTTP-Basisauthentifizierung und zur Ăbertragung von SSH-Server-Zertifikaten verwendet wird. Kodierungsverfahren sind die Basis der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, die Texte aus einzelnen Wörtern und Zeichen durch Zahlen reprĂ€sentieren.
Alle mathematischen Stellenwert- und Zeichensysteme sind Codierungssysteme, also Systeme, die, weitgehend normiert, Zeichensatztabellen durch Zahlen identifizieren, d.h. gleichsetzen und eine Bedeutung zuweisen, die eindeutig ist, also immer gleich ist. Dadurch werden Texte, Wörter und Zeichen allgemein eindeutig, jedenfalls weithin und der effizienten Verarbeitung auf Computern zugĂ€nglich. Ohne Zeichensatztabellen wĂŒrde kein Computer funktionieren und die Offenheit und Mehrdeutigkeit der Sprachen der Welt in ein komplettes Chaos, einen totalen Zahlensalat verwandeln. Eine moderne Rechenmaschine braucht daher nicht nur eine elektromagnetische AufzeichnungsflĂ€che â moderne Maschinen verfĂŒgen ĂŒber mehrere solcher temporĂ€ren und permanenten Speichermedien â sondern die Daten mĂŒssen auf eine Art codiert sein, die maschinell immer wieder auf die gleiche Weise, unabhĂ€ngig von Ort und Zeit gelesen werden können. Daten mĂŒssen eindeutig sein und dafĂŒr sorgen Zeichensatztabellen und mathematische Stellenwertsysteme.
Es waren Inder, die das kaufmĂ€nnische Rechnen erfunden haben, das nur mittels einer AufzeichnungsflĂ€che, den KassenbĂŒchern funktioniert und kaum mit einem Abakus zu vergleichen sind, selbst mit den anspruchsvolleren Varianten, bei denen sich bis zur Zahl Zehnmilliarden rechnen lĂ€sst. Solche Rechenmaschinen rechnen nicht nur Additions- und Subtraktionsaufgaben, sondern bieten mit ihren Reihen verschiedenfarbiger Kugeln (auf Basis der 10) auch eine erste Form der Aufzeichnung, der Memory. Die KassenbĂŒcher der indischen HĂ€ndler und Unternehmer aber waren keine reinen Rechenlisten, sondern kannten schon das, was wir Partitionen auf Festplatten oder Kontenarten im kaufmĂ€nnischen Rechnen nennen, und die zentrale Bedeutung der Null, die den Kontenklassen einzeln oder zu Gruppen zusammengefĂŒhrt positive und negative Ergebnisse zu unterscheiden erlaubte wie insgesamt die GeschĂ€ftstĂ€tigkeit ĂŒber einen Zeitraum hinweg nun ein positives oder negatives Ergebnis auswies. So konnten indische Kaufleute bereits im 2. Jahrhundert ausgesprochen differen-ziert ihre Handelsbeziehungen zur See oder ĂŒber Land mit dem antiken Griechenland, mit Ăgypten und Mesopotamien aufzeichnen und kaufmĂ€nnisch bewerten. Es waren also indische, arabische und nordafrikanische Völker, die die Null als Zahl kannten und mit ihr rechneten und nicht das Abendland mit den antiken Griechen im Zentrum der Geschichte in die Moderne. Selbst einem Papst wurde im abendlĂ€ndischen Ăberschwang zugetraut, die Null an den Anfang allen Seins gestellt zu haben, zumindest diese Idee der Gottlosigkeit nach Europa gebracht zu haben, dies also eher einer pĂ€pstlichen Eingebung unterstellte, als man denken wollte, dass der Anfang modernen abendlĂ€ndischen Denkens im Orient und in Afrika zu finden sei; quelle malheur.
Wie dem auch sei; wir halten bis hierhin fest: ohne die umfassende Codierung sprachlicher Zeichen in mathematische Ziffern mit der Null (0) am Anfang â fĂŒr die Ziffer 0 im Hexadezimalsystem steht die Zahl 00 im Dezimal- und die 0000 im Dualsystem â wĂ€re eine moderne Mathematik unmöglich geblieben, es hĂ€tte eine Entwicklung von Rechenmaschinen von den Formen eines Abakus hin zu elekt-ronischen Aufzeichnungsmaschinen nicht gegeben. Es gĂ€be keine Zeichensatztabellen, die ganze Sprachen in verschiedenen Zeichencodierungen maschinell lesbar werden lassen und zwar so, dass den gĂ€ngigen Bedeutungen einer fremdsprachlichen Zeichenfolge eine entsprechende Bedeutungsfolge (Liste der WortĂŒbersetzungen) in einer anderen Sprache entspricht. Hier sehen wir schon, dass Bedeutung in der mathematischen Codierung einer Sprache in eine andere nur so gelingen kann, dass Wortbedeutungen einer Sprache eindeutig den entsprechenden Wortbedeutungen einer anderen Sprache zugeordnet werden. Automatische Translatoren, Ăbersetzungsmaschinen wie etwa die von Google tun sich noch recht schwer mit Texten der Literatur, können aber schon recht viel bei Ăbersetzungen von Sachtexten zustande bringen. Jeder weiĂ es mittlerweile, Sprachen sind keine Versammlungen von EntitĂ€ten, von feststehenden Bedeutungen, trotzdem greifen viele zu maschinel-len Ăbersetzungen, nicht nur bei Sachtexten. Der Wunsch, fremdsprachliche Texte, wenn schon nicht richtig verstehen, so doch einigermaĂen lesen zu können, ĂŒberwiegt den Gedanken, dass Ăbersetzungen meist vom Kontext her etwas völlig anderes sind, als deren Bedeutung in der Ăbersetzung.