Umso wichtiger ist es, das Finanzsystem in Europa auf eine breitere Grundlage zu stellen; so die Auffassung der europäischen Regierungen; ob diese Auffassung von allen Bürgern in Europa geteilt wird, lässt sich nicht feststellen, da wir über eine Veränderung im Finanzsystem sprechen, die erst in der Zukunft stattfinden wird. Viele „Indizien“ deuten aber schon heute darauf hin und ein „Beweis“, die Volksrepublik China. Die USA werden und müssen auch einen anderen Weg zum neuen Geld gehen, das ist der Weg über die BigTechs. Und Europa wird alles tun, um ein modernes Wettbewerbsrecht zu formulieren, welches den Aufbau eines programmierbaren Digitalgeldes auf Eurobasis nicht behindert, sondern unterstützt. Der europäische Ansatz dabei ist, die Kooperation zwischen europäi-schen Banken und Unternehmen aus der Realwirtschaft zu stärken und wo nötig zu fördern, wobei die Mittel der Förderung nach wie vor zu gering sind und zu schleppend freigesetzt werden; das wird sich ändern im Wettbewerbsdruck.
Denn keinem Unternehmen wie keiner Bank allein ist es in Anbetracht der weltweiten Stärke und Positionierung von BigTechs möglich, programmierbares Digitalgeld, das in der Praxis auch vom Markt akzeptiert wird, selbst zu kreieren. Zu groß ist deren Marktdominanz, zu feingliedrig deren Marktverschluss-Mechanismen: dieses Gewebe aus Economies of Scale, Captured Customers und Economies of Scope. Dabei sind aber zugleich zwei weitreichende Aspekte zu betrachten. Einmal ein kartellrechtlicher Aspekt, der auf der bestehenden Basis die Grenzen von Kooperationen in der Digitalwirtschaft bislang in Europa besonders eng einschränkt. Kooperationen oder Fusionen sind kartellrechtlich schnell nur in einem eingeschränkten Maße möglich und eine Vielzahl an kartellrechtlichen Ver-boten der letzten Jahre mögen dafür beredte Beispiele sein. Es bedarf daher zum anderen nicht nur einer europaweiten Verbesserung der Rechtssicherheit von Kooperationen, sondern sogar deren rechtlich gesicherter Förderung, was aber unweigerlich dazu führt, dass der Wettbewerb auf den neuen Märkten seine marktregulierenden Mechanismen verliert.
Die Gesetzgebung in Europa wird nicht umhinkommen, mit dem neuen Geld auch einen neuen Typus von Unternehmen rechtlich zu definieren, ein Arbeitsbegriff dafür könnte „Unavoidable Trading Partners“, UTPs, sein. Zusammengenommen wäre das eine Art Konzern, im Einzelnen aber ein Kon-glomerat von Unternehmen. Das ändert zwar nichts an den Folgen für den Wettbewerb und dessen regulativen Mechanismen, nur etwas am Wettbewerbsrecht, das dann die Bildung von UTPs nicht nur zulässt, sondern auch dessen Förderung. Denn ohne eine Förderung von UTPs ist eine im Weltmaßstab sich behauptende Plattform-Ökonomie mit europäischen Akzenten nicht vorstellbar. Mithin erkennt man hier schon die enormen Auswirkungen, die das neue Geld ökonomisch im Schlepptau hinter sich herzieht. Die besonders in Europa bestehende, kleinteilige Form der Marktwirtschaft mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen wird sich grundlegend und strukturell ändern; leider. Diese Struktur der europäischen Marktwirtschaft war und ist eine der Folgen einer hochschwelligen kartellrechtlichen Praxis, die die europäischen Gesetzgeber zukünftig deutlich absenken müssen. Dabei muss der europäische Gesetzgeber zu einer Gradwanderung aufbrechen, die sich in einen Drahtseilakt in großer Höhe verwandeln wird. Denn einmal müssen die europäischen Plattformen sich von den amerikanischen und den chinesischen abgrenzen, gleichzeitig aber eine Form, eine neue Form der Marktabgrenzung finden, die mit den klassischen Methoden der Marktabgrenzung wie etwa Wettbewerbs-, Kartell- und Markenrecht nicht zu bewerkstelligen sein werden. Das kommt einer Quadratur des Kreises gleich, massiv in die Märkte einzugreifen und zugleich den Märkten eben die-sen Spielraum zu lassen, dass die regulative Eigendynamik der Märkte erhalten bleibt.