Die EZB kauft nach wie vor Schuldtitel der Euro-Länder aus ihrem EZB-Nothilfeprogramm „Pandemic Emergency Purchase Programme“ (PEPP) in Höhe von etwa 800 Mrd. Euro, das rettet Italien bis Ende 2020, da läuft das Programm aus. Das ist der Grund, warum Italien so sehr auf Euro- oder Corona-Bonds drängt, denn es wird mal wieder eng mit dem Schuldenstand und den darauf anfallenden Zinsen. Unter den Euro-Finanzministern weiß es jeder, Italien lügt mit seiner Kampagne, dass das Land seit Jahren einen Primärüberschuss im Haushalt ausweise. Das erzählt die Regierung ihren und den Bürgerinnen und Bürgern Europas – und leider folgen dieser Lüge sogar Politiker in Deutschland. Wenn man nur die Einnahmen gegen die Verbindlichkeiten rechnet, sieht jede Bilanz schon mal ganz gut aus, aber damit kommt man nicht einmal bei seinem Sparkassenberater durch. Die Zinsen müs-sen schon mitgerechnet werden, und schon ist „bella Bilancio“ passé. Rechnen wir optimistisch, dann klettert der Schuldenstand im italienischen Haushalt, also die Staatsschulden bis Ende 2020 auf 155 Prozent vom BIP. Als Neuverschuldung sind bereits heute wegen Corona 173 Milliarden Euro ein-gestellt.
Dann kommen Anleihen, die im Jahr 2020 auslaufen und refinanziert werden müssen mit 316 Milliar-den Euro obendrauf. Abzüglich des „Cash“ in der Staatskasse von 13 Milliarden Euro braucht Italien in diesem Jahr 479 Milliarden Euro frisches Geld. Bei einem Schuldenstand von 2,4 Mrd. Euro ist das nicht wenig, zumal der bestehende Haushalt mit Zinsen eingerechnet bereits seit Langem schon nicht mehr als tragfähig bezeichnet werden kann. So haben die Rating Agenturen Italien auch jüngst auf BBB, also eine Stufe über Ramschniveau eingestuft, was wiederum höhere Zinszahlungen zur Folge hätte und auch den Euro belastete, weil Europa natürlich Italien zur Seite springen wird auch jenseits von Euro-Bonds. In Rom geht man bereits davon aus, dass die EZB in diesem Jahr überproportional für 220 Mrd. Euro italienische Anleihen aufkaufen wird und kalkuliert in einer Art italienischem Haus-haltsautismus nur mit der Aufnahme von 260 Mrd. Euro an eigenen Geldmitteln, die aber auch etwas kosten werden. Und da die Taschen der Brioni-schicken Politiker in Rom leer sind, müssen die Zinszah-len wohl von anderen Europäern kompensiert werden.
+++++ 05.05.2020. Heute hat das Bundesverfassungsgericht ein historisches Urteil gesprochen+++++
Zum ersten Mal hat das höchste deutsche Verfassungsorgan dem EuGH widersprochen und die Praxis der EZB in wichtigen Teilen als verfassungswidrig erklärt. Das hat Auswirkungen auch auf die Finanzie-rung der Haushaltsdefizite des italienischen Staates. Nun muss die EZB ihre höchstrichterlich festgestell-te Fiskalpolitik neu erklären und wohl auch neu überdenken. So einfach jedenfalls wie bisher wird die durch die EZB durchgeführte indirekte Staatenfinanzierung wohl nicht mehr funktionieren. Und fällt die Bundesbank, also Deutschland, als Teil dieser Finanzierung aus, wird dies allein schon einschnei-dende Konsequenzen für den italienischen, aber auch für andere Haushalte der Eurozone haben. Die EZB hat nun drei Monate Zeit, sich mehr als nur semantische Neuerungen für den Aufkauf von notleidenden Staatsanleihen in der bisherigen Art eines Ringgeschäftes mit den Notenbanken der Euroländer einfallen zu lassen. Und wie das heute gesprochene Urteil in den anderen Euro-Staaten aufgefasst wird und welche Konsequenzen dies dort wiederum haben wird, werden wir in ein paar Monaten sehen. Jedenfalls werden die Zeiten für Staatenfinanzierungen durch die EZB für Italien und die anderen Nehmer-Staaten rauer.