Einleitung

Band II unserer Philosophie des menschlichen Daseins trägt den Titel: An die Arbeit. Nicht unbeabsichtigt ist die doppelte Bedeutung, eine transitive und eine intransitive, die in diesem Titel steckt, geht es doch um die Beschäftigung mit dem wesentlichen Element im Daseinsvollzug, der materiellen Reproduktion des menschlichen Daseins oder einfach geschrieben, der Arbeit im Sinne der Erwerbsarbeit. Wir nehmen darin auf, was wir in der Philosophiegeschichte gefunden haben und das ist wenig. Allein Karl Marx hat systematisch und themenumfassend davon gehandelt. Wenig gibt es dazu von den antiken Griechen, etwas zur Technik bei Heidegger und anderen Technikphilosophen.
Das erklärt auch die transitive Bedeutung des Titels, insofern wir zum Thema Arbeit beitragen möchten. Wir nehmen dabei auf oder zur Kenntnis, was wir in der Philosophiegeschichte zum Thema gefunden haben und das ist wahrlich wenig, lässt man mal das Kapital von Karl Marx beiseite. Ein wenig aus der griechischen Antike, etwas zur Technik von Heidegger und Technikphilosophien. Warum das Thema Arbeit in der Philosophie so wenig Resonanz gefunden hat, ist unerklärlich. Umso mehr wollen wir deshalb dazu beitragen, dies zu ändern und werden notwendigerweise uns mehr mit der Ökonomik als mit der Philosophie dazu zu beschäftigen haben. Und hier beginnen schon die Schwierigkeiten, um deren Klärung man nicht umhinkommt, will man sich darin nicht unversehens und schnell derart verstricken, dass man einen Weg heraus nicht mehr zu finden in der Lage ist. Worum geht es?

Es geht um das Selbstverständnis unserer Beschäftigung mit den materiellen Grundlagen und den Prozessen der Reproduktion unseres Daseins. Dieses Selbstverständnis kann zwei Positionen einnehmen, einmal die Position einer beschreibenden Wissenschaft, einmal die Position einer pragmatischen Wissenschaft. Beide Positionen können sehr unterschiedliche Orientierungen offenbaren, wobei eine am Gemeinwohl, die andere an möglichst exakten, wissenschaftlichen Beschreibungen ausgerichtet ist. Beide Orientierungen, so ergibt sich, schaut man in die Entwicklungsgeschichte beider Positionierungen, nennen sich selbst bzw. werden im wissenschaftlichen Diskurs Ökonomie bzw. Ökonomik genannt, was einigermaßen verwirrt und zeigt, dass eine präzise Abgrenzung entweder zu schwer oder vielleicht auch unmöglich ist.

Schauen wir zurück ins 19. Jahrhundert, dann finden wir als den gebräuchlichsten Begriff für die Wirtschaftswissenschaft, Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre den der „politischen Ökonomie“, so auch der Titel: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx, 1857-1858 und einem Anhang für die Jahre 1850-1859. Der Begriff der politischen Ökonomie geht zurück auf drei Begriffe, die die griechische Antike noch getrennt behandelt hat, die „politeia“, also der Staat bez. die gesellschaftliche Ordnung, der „oikos“, das Haus im Sinne einer Haus- bzw. Hofwirtschaft und „nomos“, das Gesetz. Die Zusammenfassung dieser drei antiken Begriffe zu einer politischen Ökonomie blickt auf die materielle Reproduktion des menschlichen Daseins als ein Verhalten, welches sowohl die materielle Reproduktion eines einzelnen Menschen wie sein soziales Umfeld umschreibt, dort im Athener Stadtstaat die Gemeinschaft des Oikos, die Hofgemeinschaft.

Politische Ökonomie war also in Athen wie dann im 19. Jahrhundert die Idee einer am Gemeinwohl orientierten Ökonomie im Sinne einer praktischen Wirtschaft wie auch im Sinne einer praktischen Wissenschaft dieses Wirtschaftens, also eine Wirtschaftswissenschaft bzw. Ökonomik. Die Unterscheidung zwischen Ökonomie und Ökonomik muss daher in dieser Rückschau getroffen werden in der Idee einer Gemeinwohl-Wirtschaft und nicht in der Analyse von verschiedenen, historisch konkreten Konzepten von am Gemeinwohl orientierter Ökonomie und Ökonomik. Die Idee des Gemeinwohls ist also das Diskriminationskriterium zu den Ansätzen, die dann ab dem Ende des 19. Jahrhundert sich Wirtschaftstheorie nennen und die allesamt sich gegenüber ihren Vorgängern als „objektive“, also gerade nicht an der Idee des Gemeinwohls orientierten Wissenschaftsphilosophien positionieren.
Die (wissenschafts-) philosophischen Theorien, angefangen bei Platon und dann über die Ausdifferenzierungen von Aristoteles bis hin zu Adam Smith, dann über Karl Marx, bis zu Friedrich August von Hayek und bis hin zur Idee der Sozialen Marktwirtschaft lassen sich unter der Idee des Gemeinwohls mühelos mit denen in Verbindung bringen, die heute von den Anhängern etwa einer Share Economy, Care Economy, Blue Economy etc. vertreten werden. Und die moderne klassische Ökonomie von Maynard Keynes über die neoklassischen wie auch die monetaristischen Ansätze setzen dagegen keine Idee des wirtschaftlichen Handelns, sondern die Wirtschaft als ein passives, so gegebenes Objekt wie etwa die Natur, der Kosmos usw., also ein naturwissenschaftliches Theorieverständnis, welches mühelos ohne Ideen vorgibt auszukommen, aber in ganz und gar wertfreien, also objektiven bzw. positivistischen Beschreibung jenes Objekts und seiner mathematischen Modellierung seinen Sinn findet.

Nun könnte man schnell zu der Meinung kommen, dann ist doch alles klar und einfach, aber leider ist dem nicht so, dass die einen von einer am Gemeinwohl orientierten Idee, die anderen ideenlos von den vorhandenen, empirischen, also beobachtbaren und mathematisch berechenbaren Tatsachen ausgehen; das wäre zudem auch nicht einmal zu schön, um wahr zu sein. Marx etwa hätte für sich in Anspruch genommen, seine Analyse des Kapitals wäre damit schon zufrieden, wenn dieses im Kapital aggregierte Verhalten und Denken der Idee des Gemeinwohls folgen würde. Dem war ihm nicht genug, Marx wollte die Revolution, also die Abschaffung des Kapitals, hier das Privateigentum des Produktivvermögens. Lassen wir kurz die moderne Ökonomik zu Worte kommen, dann sehen wir, dass deren Vorwurf an die Adresse der politischen Ökonomie deren Unwissenschaftlichkeit adressierte. Sie, die wissenschaftliche Ökonomie, sei als eine naturwissenschaftliche Ökonomik eine viel leistungsfähigere Theorie, weil sie nicht unbewiesenen Meinungen, sondern mit empirischem Wissen arbeitet; meinen, glauben, dafürhalten wie Hegels Phänomenologie des Geistes als Vorformen des Wissens beginnt, so sagte bereits der größte aller Idealisten, taugen nichts für eine aufgeklärte Wissenschaft, also sei die moderne Ökonomik der richtige Weg und das bessere Verfahren der Betrachtung.

Das ist ganz und gar evolutionär gedacht, so als hätte sich die auf naturwissenschaftlichen Modellierungen gründende Wissenschaft insgesamt und speziell die der Ökonomik durchgesetzt, sich als besser und anpassungsfähiger, als effizienter erwiesen. Nun sieht man aber, dass die Ökonomik der praktischen, politischen Ökonomie ihre Vorbehalte der Unwissenschaftlichkeit nicht nur selbst ganz und gar unwissenschaftlich entgegenschleudert, ohne sich mit der Idee des Gemeinwohls darin explizit zu beschäftigen, also ihre Kritik daselbst im Duktus bloßer Meinungen vorträgt. Nein, sie selbst hat spätesten seit Keynes implizit großen Anteil an der politischen Idee des Gemeinwohls, ohne es anfangs aus den o.g. Gründen explizit nicht vorgetragen zu haben. So wurde die Ökonomik contre Coeur zu einer politischen Ökonomie, als sie sich damit beschäftigen musste, wie in Krisenzeiten – heute spricht man auch von Zeiten des Marktversagens – die Politik etwa mit Konjunkturprogrammen der Ökonomie helfend zur Seite springen oder fiskalisch unter die Arme greifen muss, um tiefgreifende Wirtschaftskrisen zu vermeiden bzw. zu beenden. Gleichwohl also mathematische Modelle dem, was in einer Marktwirtschaft passiert, abbildend hinterherspüren, am Ende ist die moderne Ökonomik dann doch eine pseudonaturwissenschaftliche Theorie, die sich mit politischer Ökonomie anreichert, wenn Ökonomie allein nicht mehr ausreicht.

Halten wir bis hierher fest, die politische Ökonomie beginnt mit der Idee einer auf das Gemeinwohl zielenden Wirtschaft und ist so im Grunde und in der Orientierung eine Handlungs- und Sozialwissenschaft in gesellschaftspolitischer Absicht. Das würde heute wohl auch Marx so gerade noch unterschreiben, dass, wenn wirtschaftliches Handeln unter dem Primat einer am Gemeinwohl orientierten Marktwirtschaft stünde und damit auch sich mit den Ideen einer guten und gerechten Wirtschaft beschäftigt, wie Platon bis später Adam Smith diese angedacht hatten, dann wäre auch evolutionstheoretisch wenig dagegen anzuführen, zielten ja die staatspolitischen Ideen eines Sozialismus‘, sogar eines Kommunismus‘ in eben diese Richtung.
Aber einmal mehr klingt die Sache einfacher, als sie ist. Der Weg dorthin ist strittig und zwischen evolutionstheoretischen und revolutionären Ansätzen klafft doch eine gewaltige intellektuelle Lücke, ein theoretischer Hiatus. Denn selbst die an mathematischen Modellen ideologisierten Wissenschaften des Wirtschaftens sind wie die politische Ökonomie von A. Smith nicht schon per se dadurch, dass sie philosophischen Ideen in ihren Theorien Raum verschaffen, schon implizit revolutionär. Wir sehen heute kaum noch eine Ökonomie, die, ob sie als politische oder als rein wissenschaftliche Theorie daherkommt, keine Themen der kritischen Sozialwissenschaften, der Humanwissenschaft und der Philosophie in ihre Theorien hereinnimmt, oder weiterhin schier immun sein will wie bislang, Themen wie Arbeitslosigkeit oder Ökologie lediglich als Folgen von Marktgesetzen zu diskutieren. Eine gute und gerechte Wirtschaft ist eben mehr als das, was als ein positivistisches Verständnis von Marktvorgängen imponieren wollte, was als eine Art vergangener Ökonomik teilweise noch in aktuellen Theorien mitschwingt.

Wir haben unter dem Begriff der gleichzeitigen Ungleichzeitigkeit dieses Nebeneinander von bereits überwundenen und neuen theoretischen Modellen beschrieben, von alten Einstellungen, was z. B. Einstellungen gegenüber Herkunft, Rasse, Religion, Kultur und sexueller Orientierung angehen und zugleich deren aufgeklärten Negationen. Wir sehen heute in den Volkswirtschaftslehren durchaus neben mathematischen Modellen, die die Lehre von den Gesetzen der Haushalte (Ökonomie) mit Themen der Sinnorientierung der Wirtschaft zusammenzubringen versuchen, Themen wie die sozialen Probleme einer Gesellschaft, die Nachhaltigkeit des Wirtschaften mit ökologischer Ausrichtung, die sozialpolitische Bedeutung von Wohlfahrtsystem, wie dies A. Smith in seinem bereits am 09. März 1776 erschienenen Buch: “An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations” der wissenschaftlichen Nachwelt vererbt hatte. Smith wandte sich damals explizit gegen eine bestimmte Auffassung von Ökonomie, den Merkantilismus, der ja auch eine Form der politischen Ökonomie ausgeprägt hat, der in Zeiten des Absolutismus Wirtschaft verstand als Wirtschaftspolitik, die über die besondere Förderung von Industrie und Außenwirtschaft, durch Zölle, Handelsmonopole und staatlichen Dirigismus das Ziel verfolgte, die politische Finanzkraft und damit die Staatsmacht zu stärken.

Dagegen trat also die Idee des Gemeinwohls an, eine Idee, die in der ewigen Idee der Freiheit des Menschen gründet und in der aufgeklärten politischen Ökonomie ihre Ausprägung im Utilitarismus fand. Hier wurde sie zu der Auffassung, dass, wenn jeder Einzelne den größtmöglichen Nutzen für sich selbst anstrebt, auch die Gemeinschaft den größtmöglichen Nutzen, der erreichbar ist, gewinnt. Die klassische Grundformel des zweckorientierten, teleologischen Nutzen ist zugleich auch eine Wirtschaftsethik, eine Nutzenethik, die stark reduziert besagt, dass wirtschaftliches Handeln genau dann moralisch richtig ist, wenn sie den aggregierten Gesamtnutzen, d.h. die Summe des Wohlergehens aller Betroffenen maximiert. Wir sehen, die Idee der politischen Ökonomie, die Idee des Gemeinwohles ist hier zu einer immanenten Idee des wirtschaftlichen Handelns geworden, insofern sie nicht über das wirtschaftliche Handeln hinausgreift, sondern sie unter der Nützlichkeit, speziell der Befriedigung der Bedürfnisse für jeden Einzelnen postuliert.

Wenn alle zum eigenen Nutzen handeln, ist die größtmögliche, soziale Ausbreitung des Nutzens, das Gemeinwohl erreicht. Aus einer politischen Ökonomie ist so die Ökonomik als Wissenschaft des wirtschaftlichen Nutzens geworden. Aber an der Tatsache, dass diese Transformation schon unter einer pseudo-naturwissenschaftlichen Orientierung stand, hat sich nichts geändert. Denn die Befriedigung der vielen einzelnen Bedürfnisse lässt sich wie ein passives Beobachtungsobjekt behandeln, gleichwohl sich Bedürfnisse ändern können. Sie bleiben messbar, zählbar, totalisierbar mit den Mitteln der Ökonomik. Eine Anzahl von Bedürfnissen, ein Korb voller Waren, die Preise für deren Herstellung und den Konsum sowie der Wert des Geldes, der Währung, alles das erlaubt eine positivistische Beschreibung und eine mathematische Modellierung. Worin liegt dann also die Schwierigkeit mit den verschiedenen Formen der Ökonomie?

Positivistische Beschreibungen und mathematische Modellierung dieser beschriebenen „Sache“ denken alles, was mit Ökonomie zusammenhängt als etwas, was der Wirklichkeit der Wirtschaft entspricht. Sie befinden sich im Seienden der Ökonomie und verlassen auch den Horizont des Seienden dann nicht, wenn sie die Veränderungen evolutionär denken, also aus vergangenen Sachverhalten und gegenwärtigen auf zukünftige schließen. Diese Veränderungen kommen dann aus dem Seienden selbst heraus, sind Entwicklungen, die in der Sache selbst bzw. in den Relationen, die die Sachen in Sachverhalten eingehen, entspringen. Die einfachste Formel dafür ist die Relation von Angebot und Nachfrage, die sich durch Mengen- oder Preisänderungen verändern kann.
Politische Ökonomien gehen von einer Idee aus, etwa der Idee einer gerechten Wirtschaftsordnung und haben den Fokus weniger auf die Beschreibung eines Sachverhaltes gerichtet bzw. diesen als nachgeordneten Faktor im Denken. Auch sie kommen nicht umhin, am Seienden darzulegen, in wie weit eine Wirtschaft der Idee einer gerechten Wirtschaft entspricht oder nicht. Politische Ökonomien beginnen also mit einer Idee bzw. einer Gesamtheit an Vorstellungen, die sie als Sein des Seienden vorstellen und messen bzw. bewerten das Seiende am Grad der Verwirklichung einer Idee. Auch hier blicken politische Ökonomien auf die tatsächlichen Veränderungen in den ökonomischen Sachverhalten, die sie als immanente Prozesse vorstellen, als evolutionäre oder als Entwicklungsprozesse begreifen. Was also vormals ein primär positivistisches Theorieverständnis von Ökonomie war ist nun durch ein mehr pragmatisches Verständnis ersetzt worden, das die Ökonomik als ein Feld der praktischen, durch lebendige Subjekte hervorgebrachte Veränderung mit in Theorie einschließt.

War im 19. Jahrhundert ein an Mathematik und Physik orientiertes, wissenschaftliches Verständnis von Wirtschaft primär, so mischten sich soziale, gesellschaftspolitische und vor allem an der Lösung von drängenden Problemen wie z. b. Wirtschafts- und Sozialkrisen orientierte Themen in die Theoriebildungen und nahmen also auch am Gemeinwohl ausgerichtete Elemente mit in die wissenschaftlichen Ansätze der Ökonomie auf. Ob also eine Theorie über sich hinausweist, über eine Beschreibung des Seienden, ist deshalb keine Frage, ob diese eine am Gemeinwohl orientierte Theorie ist oder eine rein deskriptive.
Erinnern wir uns zurück an Marx, dann sehen wir, Marx hatte anderes als eine evolutionäre Theorie im Sinn; eine rein deskriptive natürlich auch nicht. Marx sah in der Wirtschaft vor allem der Englands eine politische Ökonomie, die von einem Gegensatz, dem zwischen Kapital und Arbeit angetrieben war und in dessen Folge eine ungerechte Form der Verteilung des produzierten Wohlstands zwischen Kapitalisten und Arbeitern entstanden ist. Die ungerechte Verteilung führt zu einer Klassengesellschaft, die den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit über die Akkumulation des Kapitals und der Ausbeutung des Faktors Arbeit weiter vertieft und mit der Vertiefung der Spaltung von Kapital und Arbeit wird Ausbeutung zum herrschenden und Reichtum zum alles beherrschenden Prinzip. Alles dies ist politische Ökonomie, gewissenmaßen eine negative Theorie des gesellschaftlichen Reichtums.

Marx sah auch eine Art Entwicklung von den ersten Formen materieller, menschlicher Reproduktion bis hin zum Kapitalismus. Er aber wollte primär eine andere Form der Ökonomie, eine bislang nicht wirkliche, aber mögliche Form. Und die sei nur zu erreichen durch eine Revolution, eine Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse in der Ökonomie mithin der Aufhebung der Negation durch Negation. Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln war der herausragende Weg zu Umsetzung mit dem Ziel, eine nicht auf Ausbeutung aufbauende Produktion mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft à la longue, die im Sozialismus als Vorform und im Kommunismus als Endform einer herrschaftsfreien Gesellschaft verwirklicht wird.

Wir sehen leicht, dass Marx nicht daran glaubte, ohne eine Revolution allein durch eine evolutionäre Entwicklung den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit in der Produktion überwinden zu können und auf dieser Grundlage die Entwicklung zu einer klassenlosen, herrschaftsfreien Gesellschaft zu erkennen. Aus dem Seienden, wie es war, etwa in den Frühformen von Absolutismus und Feudalismus, schon gar wie es ist im System der kapitalistischen Produktion und der Gesellschaftsform des Bürgertums existierte, wird nach Marx auch keine wirkliche und erkennbare Entwicklung hin zu einer herrschaftsfreien, auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zielende Wirtschafts- und Gesellschaftsform denkbar bzw. durchsetzbar sein, vor allem nicht aus einer inneren Antriebskraft. Die Form einer politischen Ökonomie, deren Verwirklichung Marx im Sinne hat, gab es weder in einer vergangenen, noch in der gegenwärtigen Wirklichkeit und ist auch nicht innerhalb einer, aus der Wirklichkeit heraus sich entwickelnden und erkennbaren Form vorstellbar. Die Vorstellung einer herrschaftsfreien Produktion und klassenlosen Gesellschaft ist eine neue Idee, ist ein neues, detailliertes Gesamt an Vorstellungen, ohne Vorbild. Bleiben wir in unserer bisherigen philosophischen Terminologie, dann ist diese Idee das Sein des Nichtseienden und so haben wir auf diesem Weg auch sogleich dieses schwierige Begriffsensemble vom Sein des Nichtseienden bzw. Nichtseins vorgestellt.

Das wird im Verlaufe dieses Bandes, dann mehr noch im nächsten und im letzten Band unserer Philosophie des menschlichen Daseins von einiger Bedeutung sein. Denn zuerst einmal müssen wir ja präzise begrifflich unterscheiden, an welcher Idee sich die unterschiedlichen Ökonomien ausrichten. Wir kennen im Ansatz bereits die Orientierung der politischen Ökonomie, die sich teleologisch orientiert am Gemeinwohl. Wir kennen die Idee der klassischen Ökonomik, die sich am Ideal einer objektiven Wissenschaft ausrichtet und zur Wirtschaft zählt, was sie beobachten, messen und mathematisch modellieren kann. Das mathematische Modell ist dabei keineswegs so sicher, dass es ohne eine Idee, die am Gemeinwohl oder an der sozialen Ausgewogenheit ausgerichtet ist, nicht schwungvoll an der Realität seiner Sachverhalte vorbeitanzen würde. Das geht besonders in der Marginalisierung externer Faktoren in der traditionellen Ökonomie wie etwa Ökologie, das Bedürfnis nach gesunder Ernährung, neuen Formen der Arbeit und der Bereich der transnationalen Geldströme und Kooperationen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wer erinnert sich heute noch an Johann Heinrich von Thünen? Wohl kaum jemand mehr. Was nicht verwundert aus der sogenannten rechten Szene, aber dass er auch bei der linken vergessen wurde, verwundert doch einigermaßen, war er doch einer der ersten, der den Manchester-Kapitalismus vehement ablehnte, seine Mitarbeiter am erwirtschafteten Gewinn beteiligte und, ohne gleich der sozialistischen Bewegung geistig beizutreten, deren Grundfragen in die Ökonomik trug. Seine Idee: Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter und Zusicherung eines Rentenauskommens. Das war damals mehr als ambitioniert und antwortet auf die schreiende Ungerechtigkeit der frühen Industrialisierung gegenüber den Arbeitern, auch der Kinderarbeit, und der Armut, die damals selbst bei Vollbeschäftigung herrschte.
Von Thünen war ein Gutsherr, ein Patriarch und trotzdem seinen Arbeitern gegenüber wohlgesonnen; das gab es selten. So beschäftigte er sich mit Frage nach einem gerechten Lohn, dem Existenzminimum und der regionalen Wirtschaft. Er Kritisierte den Zusammenhang von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt bei der Ermittlung des Lohns und sah sehr klar, dass dabei die Fragen, was einem Arbeiter zustand und was er zum Leben brauchte keine Rolle spielte. Weil von Thünen nicht zu den sogenannten Frühsozialisten gehörte, nahmen Sozialdemokraten und Gewerkschaften seine Analysen nicht zur Kenntnis; im Gegenteil. Sie verstiegen sich sogar zu solch abenteuerlichen Grundannahmen der Arbeitsmarkttheorie, dass Gewinnbeteiligungen einen Anreiz schaffen würden für Arbeiter, sich für höhere Gewinne des Unternehmens einzusetzen und sich durch Mehrarbeit aufzureiben, also in eine Form der Selbstausbeutung geraten. Gewinnbeteiligung mit Selbstausbeutung zu beantworten war an kognitiver Verzerrung kaum noch zu überbieten.

Von Thünen nahm gewissermaßen einmal einen Teil der großen Sozialreformen Otto von Bismarcks vorweg wie er heute auch von einigen jungen Ökonomen als Grundlage eines „Raum-Wirtschaftsmodells“ gelesen wird: Think global act local ist deren neues Credo und zielt auf eine nachhaltige Landwirtschaft zuerst und dann auf dezentrale, lokale resp. zonale Wirtschaftsmodelle. Mit von Thünen kam ein Gedanke in die Ökonomik der damaligen Zeit, der zumindest als fortschrittlich in Hinsicht auf die Entwicklung einer Sozialen Marktwirtschaft sich erweisen sollte, ohne die Grundlagen-Analysen für eine nachhaltige Wirtschaft dabei zu kurz kommen zu lassen. Von Thünen war einer der wenigen, die den Tanz um das Goldene Vlies bzw. das Goldene Kalb zu stören in der Lage war. So sehr auch die Ökonomik in ihrer Entwicklung sich als mono-kriterial erwiesen hat, vor allem sanktioniert über die angelsächsischen Kanäle der Volks- und Wirtschaftswissenschaften, so ganz ohne die sozialen Kriterien, die sich mit dem reinen ökonomischen Kriterium notwe4ndigerweise mitentwickeln, kommt sie schlussendlich nicht aus.
Übrigens, so kann, so darf man heute sagen, der Tanz ums Goldene Kalb der Ökonomik ist vielleicht nicht ganz ausgetanzt, aber hat zumindest vom beschwingten in einen gemächlicheren Rhythmus gewechselt. Mit mathematischer Modellierung der Kosten-Nutzen-Rechnung allein lassen sich die Prozesse einer modernen Ökonomie nicht mehr beschreiben. Wir werden auch noch eine dritte Ökonomie kennenlernen, die, weil auch sie eine politische Ökonomie ist, bei der aber ganz zentral der politische Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen im Vordergrund steht, von uns Politische Ökonomie genannt wird, groß geschrieben das politische Element darin.

Kommen wir zurück: Arbeit ist nicht ohne sein relatives Aggregat, das Kapital. Wenn wir also in diesem Band über Arbeit handeln, dann geht das nicht, ohne die Arbeit selbst sowie deren materiellen Bedingungen zu betrachten; Arbeit und Kapital gehören zusammen in der Betrachtung. Ist es so, wie Marx dachte, Arbeit allein ist die wirkliche Produktivkraft? Sie ist es, so Marx, die Werte produziert und indem sie Tauschwerte produziert, produziert sie zugleich auch den Wert, den das Kapital abschöpft zu seinem wachsenden Reichtum, den Mehrwert; ist das wirklich so? Es gibt andere Bestimmungen der Wertschöpfung im Wirtschaftsprozess, bei dem die Technik bzw. die technologische Entwicklung eine entscheidende Rolle spielt, andere, die dem Geld diese Rolle zuschreiben, was stimmt daran wiederum, was nicht? Und wenn Geld eine Rolle spielt, wenn, wie der Volksmund sagt, Geld arbeitet, welche Bedeutung haben dann die Zinsen?

Eines scheint doch allgemein bestätigt, Geld trägt neben anderen Funktionen das Leistungsprinzip. Vor allem über die Entlohnung der Arbeitsleistungen findet das Leistungsprinzip als solches seine Fundierung. Es gilt: wer mehr leistet, bekommt mehr Lohn bzw. Gehalt und schlussendlich auch mehr Rente bzw. Pension. Das Leistungsprinzip, wie wir es kennen, ist ein Individualprinzip, das zudem Verfassungsrang hat. Mit diesem Individualprinzip, dass alle Leistung letztlich nur mir nützt, wenn es meine Leistung ist, die von jemandem gewollt, gesehen und vergütet wird, sind dann zugleich andere Formen von Arbeit wie etwa kooperative und kollektive Formen, Formen nicht individueller Erwerbsarbeit suspendiert? Nicht jeder Mensch arbeitet in Erwerbsverhältnissen, was ist dann mit diesen Menschen, mit deren Leistung? Wer trägt also zum Gemeinwohl bei, stimmt es, dass unsere Sozialsysteme fast ausschließlich über die Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteile am Erwerbslohn gesichert werden? Wenn dies zutrifft, dann ist die Entwicklung unserer Sozialsysteme direkt abhängig von den Steigerungen von Löhnen und Gehälter, wenn der Arbeitgeberanteil fix bleibt wie zur Zeit.

Wir folgen sehr detailliert dem Thema Zinsen in zweierlei Hinsicht. Einmal interessieren uns die Zinsen in Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung, zum anderen in Hinsicht auf die Vermögen. Wir alle wissen, ein Schloss am Rhein wirft keine Zinsen ab, im Gegenteil. Und so ist es auch mit einem privat genutzten 300 PS Boliden oder den vier Designer-Fahrrädern in der Familie, den Smartphones und TV-Kisten. Wenn Zinsen also gewissermaßen die Arbeitserträge des Geldes sind, wie kommt dann Geld an die Arbeit? Und wenn Geld etwas durch Arbeit verdient, wo, für wen arbeitet es dann? Dass aus Geld Vermögen werden kann, ist bekannt; wirklich? Bis heute gilt im Volksbewusstsein, dass Geld sparen oder Geld nicht ausgeben, ein nettes Wort für Geiz, Vermögen schafft. Dann müssten alle Schotten reich sein. Und alle Sparer. Aber wie wir gerade erkenn müssen, Sparen bringt den Sparern zur Zeit wenig, eher verliert man Vermögen durch Sparen. Dies gilt so für den privaten Sparer wie auch für alle anderen, die etwa Bundesanleihen zeichnen. Warum in der Hölle sparen dann die Menschen, warum zeichnen Großanleger und Banken Anleihen, um am Ende für an den Staat geliehenes Geld sogar noch etwas draufzuzahlen? Sind die alle verrückt geworden?

Die Relation Zinsen – Geld und Vermögen ist ein spannendes Kapitel auch in Hinsicht auf die Entwicklung der Sozialsysteme oder wie wir es kurz nach dem Titel des Hauptwerkes von Adam Smith nennen: die gesellschaftliche Wohlfahrt. Weder bei der Betrachtung der Entwicklung der Aggregate Arbeit und Kapital wie auch bei der Betrachtung der Wohlfahrtsentwicklung kommen wir umhin, uns mit den Methoden zu beschäftigen, wie die Ökonomie und die Ökonomik dieses Entwicklungen berechnen, wobei natürlich die Ökonomik im Vordergrund steht, weil sie es ist, die das Primat der wissenschaftlichen Berechenbarkeit von wirtschaftlichen wie auch von sozialwirtschaftlichen Entwicklungen explizit behauptet und vorführt. Schon Marx hat mit dem Begriff vom tendenziellen Fall der Profitrate eine Betrachtung angestrengt, die nachzuweisen versuchte, dass die Ermittlung der makroökonomischen wie auch der sozialökonomischen Veränderungen, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) genannt, ganz wesentlich mit der Differenz der Produktionsfaktoren zu tun hat. Marx war der Auffassung, die er mit einigen einfachen mathematischen Formeln zu belegen versuchte, dass die Steigerung der Arbeitsproduktivität oder des Outputs per Arbeiter zu einer tendenziell zunehmenden Rate von Kapital zur Arbeit führt, dass also immer mehr Kapital dem Arbeitsprozess oder dem Prozess der Wertschöpfung zugeführt muss, um das gleiche Ergebnis in der Zeit zu erreichen bzw. Wachstum zu erzielen. Wir werden diesem „Fall der Profitrate“ kritisch nachspüren und jene Ausprägungen der Wirtschaftsformen nachzeichnen, für die dies galt oder immer noch gilt.

Wir betrachten also sowohl die Denkmuster der Ökonomik wie die Entwicklungsprozesse der westlichen Industriegesellschaften und blicken auch auf asiatische Modelle, vornehmlich das japanische und chinesische Modell der Wirtschaft. Wirtschaftsmodelle zu analysieren und zu vergleichen geht natürlich nicht, ohne diese Wirtschaftsmodelle unter einen komplexeren Horizont zu stellen, den jeweiligen Auffassungen von gesellschaftlicher Wohlfahrt durch wirtschaftliche Praxis; wir lassen dabei die politischen und sozialen wie kulturellen Faktoren zwar nicht ganz außen vor, sehen sie aber in diesem und im nächsten Band III noch nicht als Zentralperspektive. Was für uns zentral steht ist die Wertschöpfung und der darin begründete Diskurs über den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand und die entsprechende Wohlfahrt einer Nation, die also in der Behauptung gründet, Wohlstand und Wohlfahrt seien direkt und ursächlich Ergebnisse der Ökonomie einer Nation und die in den wissenschaftlichen Modellen der Ökonomik des 20. Jahrhunderts zu beweisen versucht wurde.

In allem was wir betrachten, liegt wie eingangs gesagt, auch immer die Frage, ob die Veränderungen im Gegenstand der Betrachtung evolutionäre Formen von Veränderungen sind, oder ob Veränderungen neue Formen wirtschaftlichen Handelns ausbilden, wofür wir den Begriff der Transformation einsetzen. Schnell, fast schon inflationär wird heute von Disruptionen gesprochen, was zunächst einmal ‚nur‘ so viel wie Unterbrechung, Störung, Bruch, Unordnung oder Zerstörung bedeutet und wirtschaftsimmanent traditionelle Geschäftsmodelle adressiert. Aber damit ist ja nicht genug, voller Euphorie spricht die kritische Intelligenz nun schon fast seit einem Jahrzehnt von Disruption und sieht darin, um dies hier einmal ganz und gar ideologisch zu formulieren, den Kapitalismus in seinen bekannten Formen hinweggefegt, revolutioniert. Diese vorschnell revolutionären Auffassungen, die sich seit der sog. New Oeconomy Phase Anfang des neuen Jahrtausends bis heute ausgebreitet haben, kranken alle daran, dass sie Revolutionen in der Wirtschaft entdecken, wo sie nicht sind. Anders gesagt, die Kritik am Kapitalismus irrt sich hinsichtlich der revolutionären Kräfte bereits darin, was sie vom Kapitalismus versteht bzw. verstanden wissen will, und das ist so gut wie gar nichts. Die Kritik basiert also nicht auf Wissen, sondern auf Auffassungen, die das hypostasieren, was sie meinen vom Gegenstand verstanden zu haben.

Eine Art der vermeintlichen Revolution der bestehenden Form der Ökonomie verbindet sich mit den Auffassungen zur ökologischen Erneuerung des Kapitalismus. Sie geht davon aus, dass wir Menschen zurzeit dabei sind, durch unser hemmungsloses Gewinnstreben, durch Profitmaximierung vor allem sowohl die Natur wie die Kultur der Menschheit zu zerstören und nur eine ökologische Revolution könnte beide, Natur und Kultur retten. Auch hier sehen wir die gängige Logik, die behauptet, alles hat seine Ursache in der Wirtschaft. Nun kann man aber durchaus denken, dass die Menschheit durch eine ökologische Form der Produktion und Distribution in Form von Kreislaufwirtschaften die Natur zu retten in der Lage ist – jedenfalls ist es scheinbar bis heute noch denkbar – die Kultur dabei aber trotzdem vor die Hunde geht. Was also wäre gewonnen? Zumindest die Einsicht, dass das logisch hinreichende Bindeglied zwischen Natur und Kultur so nicht hält, dass es keine einfache Kausalbeziehung gibt zwischen der Wirtschaft und unseren natürlichen wie kulturellen Entwicklungen. Aber das wäre uns zu wenig. Wir möchten genauer hinschauen und jene dynamischen Elemente finden, die eine Wirtschaft in neue Formen transformieren, im Gegensatz zu bloßen Optimierungsprozessen, die sicherlich auch wichtig und bedeutend sind. Und bevor wir den doch recht großen Mangel an Verständnis wirtschaftlicher Vorgänge nicht besser verstanden haben, wie wollen wir dann Transformation verstehen oder gar revolutionäre Prozesse, Ansatzpunkte einer umfassenden Veränderung und Neuformierung der Wirtschaft benennen können?

In diesem und im nächsten Band der Philosophie des menschlichen Daseins geht es also nicht um Revolution, um eine neue Idee der Reproduktion des menschlichen Daseins in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht, sondern um ein besseres Verständnis von dem, wie wir als westliche Industriegesellschaften gearbeitet haben und heute arbeiten, wie wir diese Formen der Arbeit bis in unsere heutigen Formen von Marktwirtschaften in den USA, in Europa und in Asien transformiert haben, wo Transformation sich von Optimierung unterscheiden und wo Einlassstellen sich finden lassen, für neue Ideen gesellschaftlicher Veränderung. Disruption jedenfalls, so viel sei hier bereits vorausgesagt, trägt keine Umwälzungen, die unsere Wirtschaftssysteme so sehr und im Kern in Frage stellen, dass neue, bessere entstehen können. Einfach allein schon deshalb, weil Disruption ein Prozess ist, bei dem ein bestehendes Geschäftsmodell oder ein gesamter Markt durch eine stark wachsende Innovation abgelöst beziehungsweise „zerschlagen“ wird und weil dieser Prozess also nicht durch eine neue Idee geleitet wird, eine Idee, die das Sein des Nichtseins vorstellt und Hinweise gibt, wie vom Nichtsein zum Sein zu kommen ist. Eine neue Idee, die den Kritiken der Marktwirtschaft Rechnung trägt, muss natürlich zuerst einmal feststellen, ob und in wie weit diese Kritiken berechtigt sind, um sich dann von diesen positiv unterscheiden zu können. Neue Geschäftsmodelle, neue Märkte sind noch nicht ausreichend, um daraus neue Ideen zu entwickeln, die eine gesamte Wirtschaftsordnung verändern soll.

So zeichnen wir nicht nur den Weg nach, den die Marktwirtschaft eingeschlagen hat, sondern prüfen dabei auch, ob auf diesem Weg Abbiegungen in eine andere Richtung sichtbar sind. Seit mittlerweile mehr als fünfzig Jahren ist sich dabei die Kritik – wie eben gesagt – einig, dass das Gewinnstreben beendet werden muss, um einen Ausweg zu finden. Deshalb behandeln wir die Themen Eigentum und Vermögen besonders gründlich und deren Einfluss auf die Wirtschaft und die Wohlfahrt. Damit steht auch in Zusammenhang die Frage nach dem Eigennutzen, seiner Berechtigung und Legitimität, die von den gleichen Kritikern grundlegend verneint wird und am Begriff des Homo oeconomicus exemplarisch als Inbegriff des Nutzenprinzips im Sinne des maximalen Eigennutzens zur Sprache bringen. Aber ist der Homo oeconomicus wirklich dieser garstige Egoist, der in allem, was er denkt und macht und in Interaktion beabsichtig bzw. entscheidet, diesem Prinzip folgt? Das Thema Eigentum in Verbindung mit dem Thema Nutzen beschäftigt uns also von Beginn an explizit oder implizit und mit diesen Themen endet auch dieser zweite Band.