Woran erkennen wir die Krisenstruktur von Verkäufermärkten in der Gegenwart? Bleiben wir im Bereich der Vermögensverwaltungen. Wir sehen, dass aktuell die goldenen Zeiten der Vermögensverwaltungen in den USA zu Ende zu gehen scheinen. Dieser „Trend“ oder Prozess scheint sich dramatisch zu entwickeln, hat doch, um ein bekanntes Beispiel zu zitieren, die BlackRock-Aktie seit ihrem Top im Jahr 2018 ein Drittel an Wert verloren.
Wenn gleich auch mit starken Schwankungen sind die Börsen doch ersichtlich skeptischer geworden gegenüber dem größten der Branche und die Zukunft für dessen Asset-Manager scheint wenig rosig.
BlackRock hat, dies muss man bedenken, bereits vor einiger Zeit ein zweites Standbein, die Indexfonds, neben den traditionellen, aktiv gemanagten Vermögensfonds in sein Portfolio genommen. Hat das geholfen?
Das verwaltete Vermögen im BlackRock Portfolio fiel im Jahresvergleich um stattliche fünf Prozent und bilanziert damit unter die Marke von sechs Billionen Dollar. Betrachtet man die Netto-Investitionen der Anleger, dann stehen 44 Milliarden Dollar neu in den Büchern, die aber im Jahresvergleich einen Rückgang von 66 Prozent summieren. Betrachten wir das Portfolio aus struktureller Sicht, dann verlagerten die Investoren bzw. Kunden des Unternehmens immer mehr Vermögen aus teureren, aktiv gemanagten Fonds in die wesentlich preiswerteren Indexfonds, die mit Kosten für die Kunden von etwa 10 Prozent zu aktiven Fonds die Gewinnmarge des Konzern geradezu schmelzen ließen.
So sank den auch Gewinn je Aktie im vierten Quartal 2018 auf 6,08 Dollar, deutlich mehr als von Analysten erwartet, die den Gewinn bei 6,28 Dollar antizipierten. Setzten wir die Kennziffern Umsatz und Erlöse vor Steuern in Beziehung und berücksichtigten wir damit auch die Effekte der Trumpschen Steuerreform, sähe das Ergebnis deutlich schlechter aus.
Wir halten bereits hier fest, dass das zweite Standbein Indexfonds zwar eine Form der Marktanpassung gewesen ist, aber die deutlich kannibalistischen Effekte eine Bestätigung dessen sind, was wir eben ein strukturelles Krisenelement in einem insuffizienten Verkäufermarkt genannt haben.
Zur Strukturkrise des Asset-Management traditioneller Art, also als ein Verkäufermarkt gehört, dass das Assets-Management von einer mehr als zehn Jahren andauernden Börsen-Hausse in den USA quasi wie im Schlaf profitiert hat. Steigende Vermögen spiegelten sich in steigenden Asset-Gewinnen und so auch in den prozentuellen Anteilen an den verwalteten Vermögen, die das Management als Einnahmen einstrich. Mehr aber als das verdeckte dieser Prozess die Zunahme der Risiken im Asset-Management, die aus dem Segment der Indexfonds in die Bilanzen fließt.
Mit den Indexfonds tritt BlackRock immer weiter in das Terrain eines Käufermarktes, auf den es weder vorbereitet ist, noch den es strukturell integrieren kann. Der Mark der Indexfonds erhöht das Risiko in den Büchern von BlackRock erheblich und das wird durch die Börsen abschlägig bewertet.
Ein größerer Nachfragemarkt bedeutet, dass Marktmechanismen wie etwa Wettbewerb bei Anbietern und Preisen sich in höher Risiken auf der Angebots- bzw. der Verkäuferseite niederschlägt.
War die Verweildauer der Kunden in einem reinen Verkäufermarkt und durch das Komplettangebot, also durch ein Strukturportfolio extrem hoch, so sinkt sie potenziell auf ein geringes Level. Kunden von Indexfonds können schnell zu einem anderen Anbieter wechseln und wenn viele Kunden wie Gäste auf einer großen Party zur gleichen Zeit durch die Tür zur Küche streben, wird es zwar einerseits recht eng, aber schnell auch leer auf der Tanzfläche.
Nun hat das Asset-Management ein doppeltes Risiko. Eine Schlüsselrolle im Risiko spielt die Börse, insofern die traditionellen Ertragsbringer Aktienprodukte und Mischfonds mit Aktienanteilen in volatilen und tendenziell nach unten schwankenden Märkten sinkende Anlageerträge antizipieren.
Eine andere Schlüsselrolle spielt der zunehmende Preiswettbewerb und auch die Marktturbulenzen bei den Indexfonds, wie wir bereits angemerkt haben.
Dazu kommt aber ein strukturelles Risiko, das das bestehende Strukturrisiko noch erheblich mehr ausweitet, als dies bereits inhärent ist. Wenn Anleger aus einem stabilen Verkäufermarkt in Angebotsmärkte wechseln, steht das gesamte Geschäftsmodell des Asset-Management als ein amerikanisches Modell in Frage. Und dies sieht man bereits an den Marktbewegungen, die sich aktuell abzeichnen.
Bedenken sollte man, dass das Asset-Management im amerikanischen Modell einer Verkäufer-optimierten und strukturierten Marktwirtschaft nicht die Wahl hat, so zu handeln, wie es das tut, oder nicht; das macht eben diese Struktur schwer bis unmöglich. Die bloße Hereinnahme von Produkten, die einen Käufermarkt adressieren neben bestehende Produkte eines Verkäufermarktes löst das strukturelle Problem nicht. Eines dieser Hauptprobleme ist der freie Wettbewerb auf Käufermärkten, der wesentlich weniger restriktiven Regulierungen für die Kunden im Gegensatz zu den Anbietern unterliegt.
Zu den Turbulenzen auf den Börsenmärkten kommt der harte Preiswettbewerb in der Branche der Indexfonds und obwohl BlackRock auch hier Marktführer ist, kann die Company ihr strukturelles Defizit nicht ausgleichen. Dieses strukturelle Defizit zementiert sich noch, gehen solche Unternehmen in ausländische Käufermärkte, ohne ihre Strukturen auf diese neuen Märkte anzupassen. In Europa verlangen vergleichbare Anbieter von Asset-Management Dienstleistungen von Privatanlegern etwa für aktiv betreute Aktienfonds ca. ein bis zwei Prozent Jahresgebühr, während die Indexfonds oft nur ein Zehntel dessen kosten und diese Preise in diesem Segment sogar noch weiter fallen.
Damit kommt natürlich sofort auch die Kostenstruktur der Anbieter in den Blick, die bei BlackRock z.B. in den vergangenen Jahren um etwa 50 Prozent gestiegen ist, was in etwa auch für die Branche insgesamt gilt. So verwundert es auch nicht, dass BlackRock Anfang 2019 bereits bekanntgab, sich von rund 500 Mitarbeitern trennen zu müssen, was nicht zufälligerweise einer Reduktion von drei Prozent und damit in eben dieser Höhe dem Rückgang der Gewinnmarge entspricht.
Einbrechende Gewinne allein mit Entlassungen zu beantworten ist gewiss ein Element des amerikanischen Modells, aber wenig hilfreich, ändert es an der Struktur des Unternehmens und seines Geschäftsmodells nichts; flexible Marktanpassung sieht auch anders aus.
Marktanpassung ist gewissermaßen der Todfeind der großen Unternehmen, die ihre Märkte immer schneller zu Verkäufermärkten gerinnen lassen. Steigende Kosten z.B. werden und im Falle von BlackRock wurden in den vergangenen Jahren durch steigende Einnahmen gedeckt. Man kann das auch anders formulieren: das Interesse von Unternehmen auf Verkäufermärkten, steigende Einnahmen durch sinkende Preise an ihre Kunden weiterzugeben steht nicht im Zentrum des Geschäftsmodells.
Von der Branchenspitze BlackRock bis abwärts zu den anderen, börsennotierten Asset-Companies wie z.B. Invesco, Amundi oder auch die deutsche DWS Group, die das amerikanische Modell nach Europa kopiert hat und die sowohl im aktiven und gleichzeitig im Indexfondsgeschäft aktiv sind, zeigen die Kursverluste an den Börsen, dass es nicht nur um Schwankungen in der Geschäftsentwicklung, sondern um Krisen im Geschäftsmodell geht, denen die Unternehmen auch nicht mit den satten Zuflüssen aus dem Indexgeschäft begegnen können.
Der Wettbewerb durch neue und auf den europäischen Märkten verankerten Anbieter wird für die traditionellen US-Marktführer immer härter. BlackRock begegnete dem durch die Übernahme von iShares1. Weniger aussichtsreich erscheint die Einführung einiger Produkte mit „Null-Gebühr“ durch Fidelity, einem großen Anbieter auf dem Asset-Management-Markt der USA. Druck auf die Margen besonders durch Großinvestoren wie Versicherungen oder Pensionskassen, die immer härter um die Konditionen bei aktiv betreuten Geldern verhandeln, erwirken auf dem US-Markt zunehmend mehr flexible Gebührenmodelle, bei denen ein geringer Fixsatz für das Asset-Management mit einem variablen Anteil kombiniert wird, der vom Anlageerfolg abhängt; so versuchen viele An-bieter Kunden zu halten oder zu gewinnen.
Null-Gebühren und selbst flexible Gebührenmodelle aber können die Marktprozesse hin zu Käfermärkten nicht wirklich bremsen oder in der gewünschten Richtung halten. Mit der Digitalisierung der Geschäftsprozesse und der damit verbundenen, deutliche größeren informellen Transparenz sowie einer Käufermarkt-adäquaten Regulierung, die vor allem die Käuferrisiken zu begrenzen sucht, entwickelt sich eine Auseinandersetzung, die weit über den Wettbewerb der Asset-Companies untereinander hinausgeht.
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1 iShares (auch iShares by BlackRock) sind eine Produktgruppe von börsengehandelten Fonds (englisch exchange-traded fund, ETF), die von der US-amerikanischen Fondsgesellschaft BlackRock verwaltet werden.
Mit einem verwalteten Vermögen in Höhe von etwa 1,6 Billion US-Dollar in mehr als 700 Fonds (Stand: September 2017) gehört iShares zu den größten ETF-Anbietern und verfügt nach eigenen Angaben über eine vorherrschende Stellung auf dem weltweiten ETF-Markt. Im Oktober 2016 waren nach eigenen Angaben 36,9 % aller börsengehandelten ETF-Vermögenswerte weltweit in iShares-Fonds investiert (Wikipedia). IShares wurden im Jahr 2000 durch das britische Finanzunternehmen Barclays auf den Markt gebracht.
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