Weder lag die Teuerungsrate im Jahr 2013/14 in den USA bei null oder darunter, noch die in Europa, als die EZB ihr Programm des „Qantitativ Easing“ startete. Als Friedman Japan den Kauf von Staatsanleihen empfahl und damit Geldmengenpolitik betrieb, steckte die japanische Volkswirtschaft in einer tiefen Rezession, die aber ein typisch japanisches Spezifikum auswies, wie es in den USA und in Europa, außer der BRD sonst eher untypisch war bzw. ist. Die Staatsschulden in Japen waren – wie strukturell vergleichbar in der BRD – am Beginn der Krisen-Geldpolitik der Notenbanken Schulden gegenüber den Guthaben seiner eigenen Bürger, also gegen Sparguthaben und andere Vermögensformen gerechnet.
Friedman’s Ansatz erlaubt generell im deflationären Umfeld Geldmengen-Politik und wäre in seinem Sinne 2013/14 in den USA und 2015 in Europa gleichermaßen kontraindiziert gewesen. Auch die Diskussion um die eigentliche Zielsetzung der Notenbankpolitik, Preisstabilität und damit maximale Beschäftigung zu sichern, hätte Friedman und die Monetaristen wenig überzeugt.
Preisstabilität bei etwa 2% Inflation, sogar eine zeitweilige Tolerierung einer noch etwas höheren Inflationsrate ist bei den Notenbankern weltweit zum Krisen-Credo geworden. Solche Ideen fanden bereits 1979 in Friedman einen erbitterten Gegner mit dem Finger auf die Auswirkungen einer Krise aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gerichtet. Die Reduktion von Arbeitslosigkeit durch Inflations- bzw. Geldmengenpolitik war nicht das Mittel der Wahl der Monetaristen.
Die sahen in der Inflation einzig und allein ein Geldmengenphänomen, das aus der festen und langfristigen Beziehung zwischen Geldmenge und Inflation herrührt, dargestellt mit der sog. Phillips-Kurve1. Als ein solches monetäres Phänomen ist es auch allein durch eine strickte Kontrolle der Geldmenge zu beeinflussen, wobei, wie eben gesehen, die Zielvorstellung eines Gleichgewichts zwischen Geldmenge und Wachstum das Maß vorgibt.
Geradezu konträr zu Keynes lehnen die Monetaristen jede staatlich verordnete bzw. durchgeführte Nachfragesteuerung als Mittel der Wahl ab, weder durch Finanz- noch durch Fiskal- oder Subventionspolitik. Friedman und die Monetaristen eint die Überzeugung, dass Infaltion nur dann entsteht, wenn dieses Gleichgewicht gestört ist, wenn also die Geldmenge schneller wächst oder fällt als die Wertschöpfung in der Realwirtschaft.
Antzyklische Fiskal-, Geld- und Wirtschaftspolitik können zur Abfederung von krisenleitenden Konjunkturschwankungen daher nicht funktionieren2.
Für Friedman und die Monetaristen gab und gibt es zwei zentrale, krisenverursachende Phänomene: die Inflation und den Wohlfahrtsstaat3. Den Wohlfahrtsstaat nahmen sie ganz nach monetaristischer Lehre ins Visier, wonach es dabei allein um Formen der Umverteilung gehe. Der Staat erwirkt über Steuern, Abgaben und andere Positionen von Lohnnebenkosten Einnahmen von Unternehmen, Selbstständigen, freien Berufe und Erwerbstätigen – heute musss man Rentnerinnen und Rentner noch dazu zählen – Einnahmen, die er für unterschiedliche „Wohlfahrtszwecke“ verteilt. Etwa in Renten- Kranken- und Arbeitslosenversicherungen etc.
Diese und andere Formen der Partizipation am Geld anderer etwa durch Spesen etc. seien die wirklichen Inflationstreiber und Ursachen für den damals von Friedman ubiquitär ausgemachten Verfall und Niedergang westlicher Industrienationen; welch einfältige Sichtweise. Darin raubt ein zum Bürokratiemonster aufgeblähter Staat seinen Unternehmen und Bürgern ihr Geld um es zu Wohlfahrtzwecken und zur Bekämpfung von Armut umzuverteilen. Bei den wahren Bedürftigen kommt wenig an, Bürokratie und Personalkosten verschlingen Unsummen aus dem Umverteilungstopf.
Klar, dass man dann nur dagegen sein kann.
Als Vertreter eines ökonomischen Liberalismus stand und steht die Freiheit der Wirtschaftssubjekte jenseits staatlicher Intervention und Bevormundung den Monetaristen im Zentrum ihrer Argumentation. Es ist richtig, darauf zu verweisen, dass eine Staatsquote von über 50%, wie wir dies in der BRD vor nicht all zu langer Zeit hatten oder auch nur von über 40% wie dies fast schon jahrzehntelang zur Gewohnheit geworden ist, Zweifel aufkommen lassen, ob, angesichts der Wirkungen der staatlichen Wohltaten, diese gewaltige Summe dort berechtigterweise beheimatet ist. Gleichwohl sind Vergleiche zwischen Staaten mit sozial-liberalen Staats-Modelle und Staaten höherer ordo-liberaler Auffassungen angebracht und die Fragen, warum diese Vergleiche meist zum Vorteil sozial-liberaler Staats-Modelle ausgehen, berechtigt; wir kommen darauf zurück.
Angemerkt sei an dieser Stelle nur, dass die Vergleiche sich zunächst einmal auf der Basis der grundsätzlichen Frage differenzieren müssen, die die Beziehung zwischen Inflation resp. Leitzinspolitik und Arbeitslosigkeit diskutiert. Wir haben gesehen, dass hier schon konträre Auffassungen und Modelle mit einander um die Deutungshoheit arbeitsmarktsensibler Krisen konkurrieren, mit den Namen Keynes und Friedman wie mit dem Begriff der klassischen Ökonomie und dem des Monetarismus eng verbunden.
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[title]Begriffe – Anmerkungen – Titel – Autoren[/title]
1 Die sogenannte Phillips-Kurve – ein anhand von Daten beobachtbarer negativer Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation: Wenn die Inflation steigt, sinkt die Arbeitslosigkeit[1].
Die Phillips-Kurve wurde 1958 vom englischen Statistiker und Ökonomen Alban William Housego Phillips in der Zeitschrift Economica publiziert.[2] Sie ist seitdem mehrfach modifiziert worden, etwa von Paul A. Samuelson und Robert Merton Solow 1960 zur sogenannten erweiterten Phillips-Kurve. Diese stellt einen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und der Veränderung der Inflationsrate her.
2 Vgl dazu die Beiträge von Friedman: Die quantitative Theorie des Geldes und The expectations-augmented Phillips Curve.
3 mit Rose Friedman: Free to Choose. 1980, ISBN 0-15-633460-7.
Chancen, die ich meine. Ein persönliches Bekenntnis. Ullstein, Berlin/Frankfurt/Wien 1980, ISBN 3-550-07930-3.
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4
[1] Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 3. Auflage, München 2004
[2] Phillips: The Relation Between Unemployment and the Rate of Change of Money Wage Rates in the United Kingdom, 1861-1957
Robert Emerson Lucas Jr. (* 15. September 1937 in Yakima, Washington)
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